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2024 SUMMER

SEONGSU-DONG: ZURÜCK IN DIE ZUKUNFT

Die grüne Lunge von Seoul

Durch den Seoul Forest zeigt sich uns das Viertel Seongsu-dong wieder von einer anderen Seite. 2005 eröffnet, ist er der erste Park in Korea, der durch die Beteiligung der Bürger entstanden ist. Auf einer Fläche von 1.160 sind vier Themenbereiche untergebracht: der Kultur- und Kunstpark, der Erlebnislernpark, der Ökowald und der Sumpfökogarten. Alles ist harmonisch aufeinander abgestimmt und lädt die Städter ein, sich so richtig vom Alltagsstress zu erholen.

Der Seoul Forest befindet sich auf einem dreieckigen Gelände am Zusammenfluss des Han-gang und eines seiner Nebenflüsse. Mit gut erhaltenen Ökosystemen und kulturellen Einrichtungen gilt dieser Grünraum als ruhige Oase inmitten der Großstadt.
© The Seoul Institute

Am Seoul Forest treffen sich die Flüsse Han-gang und Jungnang-cheon, der eine von Osten, der andere von Norden herbeiströmend, und geben dem Park eine Dreiecksform mit abgerundeter Spitze. An den Rändern entlang verläuft ein grüner Gürtel aus hochgewachsenen Bäumen, die das Gebiet vor Lärm und Schadstoffen der umliegenden Straßen schützen, und das Innere bietet eine Fülle an Waldbestand unterschiedlicher Dichte. Die Existenz einer Hauptstraße mit schneller Verbindung zum Stadtzentrum sowie die geografische Lage in direkter Flussnähe zeugen von einer lang währenden und lebhaften Nutzung des Gebietes.

Ein Stadtpark

Das Gelände des Seoul Forest markierte während der Joseon-Zeit (1392-1910) ein königliches Jagdrevier. 1908 wurde hier die erste Wasseraufbereitungsanlage des Landes eingerichtet, die die Bürger mit Leitungswasser versorgte. Dann folgten verschiedene Verwendungszwecke wie z. B. als Golfplatz, Galopprennbahn und Sportpark. In den 1990er Jahren wurde zwar die Entwicklung zu einem Wohn- und Geschäftsviertel angedacht, doch entschied man sich schließlich, für den nordöstlichen Teil Seouls, wo es vergleichsweise wenige Parks gab, einen Ruheort einzurichten. 2003 fand die Ausschreibung für die Planung des Seoul Forest statt, der schließlich im Juni 2005 als Park mit einer Fläche von 1.160 den Bürgern zugänglich gemacht wurde.

© Seoul Metropolitan Government

Der Seoul Forest sollte ein Stadtwald für alle werden, der ähnlich wie der Central Park in New York oder der Hyde Park in London die Stadt Seoul repräsentiert. Dongsimwon Landscape Design & Construction, der Gewinner der Ausschreibung, wollte eine Anlage erschaffen, die den Stadtbewohnern über das reine Naturerlebnis hinaus als ein Ort des Kultur- und Kunstgenusses zur Verfügung steht.

So entstanden die vier Themenbereiche Kultur- und Kunstpark, Erlebnislernpark, Ökowald, und Sumpfökogarten sowie eine Grünfläche am Ufer des Flusses Han-gang.

Ein Entspannungsort

Der Seoul Forest ist am schnellsten mit der U-Bahn zu erreichen. Geht man vom Ausgang Nr. 4 der Station Seoul Forest durch die Understand Avenue aus bunten Containern erscheint der Kultur- und Kunstpark, der den Mittelunkt des Parks ausmacht. Da, wo sich früher die Galopprennbahn befand, ist nun ein Platz entstanden, der auf vielfältige Weise durch die Besucher genutzt werden kann.

An die Geschichte des Ortes erinnern Pferde-Statuen, dargestellt im dynamischen Galopp, was gut zum spritzigen Fontänenspiel der Wasseranlage im Hintergrund passt. Das Parkinnere hat zwar ebenfalls einen Wasserspielplatz zu bieten, aber gerade im Sommer ist dieser Brunnen in unmittelbarer Nähe zum Eingang bei Familien mit Kindern besonders beliebt. Werden die Tage heißer, toben hier die Kinder im Wasser, während es sich die Eltern auf Liegematten rund um den Brunnen bequem machen. Zur regulären Urlaubssaison werden dann zusätzlich noch temporäre Umkleidekabinen für die Badegäste aufgestellt. Direkt hinter dem Brunnen sorgt der lang geschnittene Spiegelteich für eine ganz andere Form von Vergnügen, denn in seiner seichten Wasseroberfläche werden die parallel verlaufenden Baumreihen so reflektiert, dass man sich wie in einem tiefen Wald wähnt. Nicht selten gesellen sich auch Vögel hinzu, die hier ihren Durst stillen.

Im flachen, gerade mal 3 cm tiefen Teich spiegeln sich die am Ufer aufgereihten Urweltmammutbäume wie ein Landschaftsgemälde wider.
© The Seoul Institute

Hat man bis hierhin noch geraden Wegen gefolgt, werden sie nun kurviger, und die geordneten Baumreihen lösen sich auf, um den Blick auf eine weite Grünfläche freizugeben. Die sog. Familienwiese ist von Spazierwegen umgeben, entlang derer große Bäume wie Ahornbäume und Urweltmammutbäume in die Höhe ragen. Die Weite der groß angelegten Wiese sorgt beim Stadtmenschen für ein wunderbares Gefühl der Befreiung. Hier kann die Freizeit ganz individuell genossen werden, etwa durch Picknicks, Lesen, Musik hören, ein Nickerchen machen oder Fahrrad fahren. Abends gibt es sogar Parkbesucher, die eine Mini-Leinwand zum Filme ansehen aufstellen. In diesem Teil des Seoul Forest tollen aber auch besonders gerne die Hunde herum, und nicht zuletzt ist es ein Ort für große Festivals, wie etwa ein Jazz Festival.

Auf einer gemütlichen, aber geräumigen Bühne im Freien diagonal gegenüber vom Spiegelteich finden regelmäßig Kunst- und Kulturveranstaltungen statt.
© Yoon Joon-hwan

Ein Ort des Ursprünglichen

Der Ökowald befindet sich ganz tief im Inneren des Seoul Forest. Der zuständige Gartenarchitekt hatte einen dichten Wald in der Nähe von Seoul im Sinn, pflanzte ähnliche Baumarten an und schaffte so einen Ort, der an die wilde Natur erinnert. Aufgrund der schieren Größe der Parkanlage kommen viele Besucher nicht über den Eingangsbereich hinaus, wer aber doch einmal im Ökowald war, der wird mit einer Naturlandschaft belohnt, die so kaum in Seoul zu finden sein dürfte. Vor allem der Sikahirschgarten hat es den Besuchern angetan. Im Schutzgebiet jenseits des langen Stacheldrahtzauns wohnen etwa ein Dutzend frei umherlaufende Sikahirsche. Zur besseren Beobachtung sollte man sich auf die Fußgängerbrücke begeben, die über den Seoul Forest zum Ufer des Flusses Han-gang führt. Von hier hat man einen guten Blick, nicht nur auf die Hirsche, sondern auch auf den Wald, der sich aufgrund des langen Zutrittsverbots zu einem regelrechten Urwald entwickelt hat. Die vielen Kirschbäume in der Umgebung sorgen im Frühling mit ihrer Blütenpracht für lange Besucherschlangen vor der Brücke. Dort, wo sie beginnt, ist die höchste Stelle des Seoul Forest. Sie wird auch als Hügel des Windes bezeichnet, denn im Herbst sind es die leichten Luftzüge, die das überwucherte Chinaschilf hin und her schwingen lassen und die ruhige Stimmung dieser Jahreszeit spürbar machen.

In einem anderen Teil des dreieckigen Geländes befindet sich der Sumpfökogarten, der auseinem bestehenden Stausee entstanden ist. Früher schützte der Stausee vor Hochwasser, indem er das Regenwasser aufnahm und ähnlich wie ein Wellenbrecher große Überschwemmungsschäden verhinderte, wenn bei starkem Regen der Han-gang überlief. Zur Erinnerung ließ man einige Pfeiler der Stauseeanlage stehen, an denen im Sommer Ranken emporklettern und für einen großartigen Anblick sorgen. Im Sumpfökogarten wurde die Topografie des bestehenden Stausees so weit wie möglich genutzt und ein Holzdeck zur Beobachtung von Vögeln und Feuchtgebietspflanzen gebaut.

Der Erlebnislernpark, der Kinder zum Lernen über Ökologie einlädt, entstand durch den Umbau einer ehemaligen Wasseraufbereitungsanlage. Unter anderem der Galeriegarten, der die bestehende Klärbeckenstruktur übernahm, wird für seine Schönheit bewundert. Es sieht so aus, als würden auf einer Gebäuderuine Pflanzen wachsen. Der U-förmige Kanal wurde mit Erde befüllt und mit Kletterpflanzen bepflanzt, die im Sommer großzügig Schatten spenden.

© Seoul Metropolitan Government

Ein Park unter Beteiligung der Bürger

Aus der Ferne betrachtet mögen Wald und Park sich nicht unterscheiden. Doch ein Wald ist die Natur selbst, und ein Park ist nicht nur ein Stück Natur, sondern auch eine Grünfläche, auf der Menschen verschiedene Aktivitäten unternehmen können. Wenn sich ein Park nicht flexibel an den Alltag der Menschen und dem kulturellen Kontext der Umgebung anpassen kann, wird er von der Stadt ausgegrenzt. In dieser Hinsicht verfügt der Seoul Forest über viele beachtenswerte Besonderheiten.

Der Seoul Forest ist der erste Park in Korea, bei dem die Bürger sich am gesamten Prozess einschließlich Planung, Gestaltung, Verwaltung und Betrieb beteiligt haben. Im Planungsprozess wurden durch Workshops und öffentliche Anhörungen Meinungen von Experten und aus allen Gesellschaftsschichten aufgenommen, während im Gestaltungsprozess die Bürger Spenden gesammelt und Zehntausende Bäume selbst gepflanzt haben. Im Mittelpunkt steht der im Jahr 2003 ins Leben gerufene Seoul Green Trust, eine gemeinnützige Stiftung, die für die Ausweitung und den Erhalt der Grünflächen in Wohngebieten Seouls steht und ein angenehmes Stadtumfeld anstrebt. Sie unternahm bereits seit der Eröffnung des Seoul Forest verschiedene Programme im Park gemeinsam mit Freiwilligen und übernahm für den Zeitraum von 2016 bis 2021 als Beauftragte die Verwaltung des Seoul Forest. Ihre vielfältigen Aktivitäten wurden hinsichtlich der Sicherstellung einer nachhaltigen Parkverwaltung durch Bürgerbeteiligung und des Inhalts und Zwecks der Bürgerbeteiligungsprogramme positiv bewertet und mit dem Hauptpreis des Asian Townscape Awards (ATA) ausgezeichnet. Damit wurde ihr Erfolg als erstes Modell für zivile Parkverwaltung international anerkannt.

Der Einfluss des Seoul Forest geht über die Grenzen des Parks hinaus. Er spiegelt die regionalen Eigenschaften von Seongsu-dong, in dem sich der Park befindet, wider und fungiert als öffentlicher Versammlungsraum für die Mitglieder der lokalen Gemeinschaft. Die Stiftung nahm sich die Meinungen der Bürger zu Herzen und errichtete einen Park in ihrem Sinne. Er bietet in einer Umgebung, in der viele soziale Venture-Unternehmen beheimatet sind, den „Changemakern“ die Möglichkeit, sich im Seoul Forest zu erholen. Der Park verhilft Seongsu-dong, das lange aufgrund seines Status als Zentrum der Leichtindustrie als unterentwickelt galt, zu einem neuen Antlitz und ist mehr als nur ein weiterer Grund für einen Besuch.

Kim Mo A Journalistin, Landscape Architecture Korea

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