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2023 SPRING

RÜCKBLICK AUF DIE ZUKUNFT – DAS MODERNE KUNSTHANDWERK KOREAS

Mit Malchong-Rosshaar Zeit flechten

Jeong Da-hye studierte Bildhauerei, bevor sie sich dem Rosshaar-Kunsthandwerk verschrieb und nun als Künstlerin die Schönheit und das Potenzial dieses Materials erforscht. Ihre Arbeit kann als Neuinterpretation eines alten koreanischen Kulturerbes in moderner Ästhetik umschrieben werden. Ihre Bemühungen wurden mit Erfolg gekrönt – mit dem Gewinn des Loewe Foundation Craft Prize 2022.


Die Körbe aus Rosshaar von Jeong Da-hye sind von prähistorischen Artefakten inspiriert. Rosshaar, genauer Mähnen- oder Schweifhaare von Pferden, kann weiß, braun oder schwarz sein. Es ist weich und leicht, aber auch zäh, so dass sich bei der Schaffung einer dreidimensionalen Form das Objekt nicht verzieht.
Mit freundlicher Genehmigung von Soluna Craft Korea

Im Juli 2022 strömten ungewöhnlich viele Besucher in das Seoul Kunsthandwerkmuseum (Seoul Museum of Craft Art). Ein Instagram-Post von BTS-Leader RM, der als Kunstliebhaber bekannt ist, war der Auslöser. Er hatte die Sonderausstellung der Finalisten für den Loewe Foundation Craft Prize 2022 besucht und auf seinem Instagram-Account Fotos von der Ausstellung veröffentlicht. Das erste zeigte A Time of Sincerity von Jeong Da-hye, ein von koreanischen Kammmuster-Tongefäßen aus der Jungsteinzeit inspiriertes Werk.



A Time of Sincerity von Jeong Da-hye, ausgezeichnet mit dem 5. Loewe Foundation Craft Prize 2022. Das Seoul Museum of Craft Art veranstaltete im Juli eine Ausstellung der Finalisten des Jahres 2022.
Mit freundlicher Genehmigung von Soluna Craft Korea

Die Künstlerin gewann mit diesem Korb aus Rosshaar, der ihr, dem Titel entsprechend, eine langwierige, aufrichtige Arbeit abverlangt hatte, den weltweit renommierten Loewe Foundation Craft Prize. Es handelt sich um einen Preis, mit dem dieses Mal unter rund 3.100 Arbeiten aus 116 Ländern nur einem einzigen Werk höchste Originalität, künstlerischer Wert sowie Handwerkergeist zugesprochen wurde.


Ein Foto der 30 Finalisten des Loewe Foundation Craft Prize aus aller Welt anlässlich der Preisverleihung im Seoul Museum of Craft Art im Juni 2022.
Mit freundlicher Genehmigung des Seoul Museum of Craft Art

Unter „Malchong“ versteht man Mähnen- oder Schweifhaare von Pferden. Die 33-jährige Kunsthandwerkerin Jeong Da-hye verflechtet dieses der breiten Öffentlichkeit noch wenig bekannte Material sorgfältig Strähne für Strähne und erschafft Strukturen und Formen in nie dagewesener Originalität. Das hauchdünne und halbdurchsichtige Rosshaar wird in eine Nadel gefädelt, um Gebrauchsgegenstände wie Halsketten und Hüte, aber auch elegante Objekte in Form von uralten Tongefäßen zu fertigen.

Was hat Sie auf das ungewöhnliche Material Malchong-Rosshaar aufmerksam gemacht?
In der Klassengesellschaft des Joseon-Reichs (1392 – 1910) war Schweif- und Mähnenhaar von Pferden ein häufig verwendetes Material. Es wurde nämlich zur Herstellung des traditionellen Herrenhutes Gat, oder von Manggeon (Haarband) sowie Tanggeon (Innenhut), den die adligen Herren der Etikette halber stets zu Hause trugen, verwendet. Außerdem diente Rosshaar nicht nur zur Fertigung von Kopfbedeckungen, sondern wurde auch allgemein zur Herstellung von Armstulpen und Accessoires eingesetzt.



Armstulpen aus Rosshaar, die die Künstlerin in traditioneller Technik hergestellt hat. In der Vergangenheit wurden diese im Sommer am Unterarm getragen, um der Schweißansammlung vorzubeugen.
Mit freundlicher Genehmigung von Soluna Craft Korea

Ich kam, als ich 2017 bei einem Projekt der Korea Craft & Design Foundation teilnahm, zum ersten Mal mit diesem Material in Berührung. Wie man damit umgeht, lernte ich dann von einer Manggeon-Meisterin, die Trägerin des Titels „Nationales Immaterielles Kulturerbe“ ist, und von einer approbierten Nachfolgerin des Tanggeon-Handwerks.

Sie haben eigentlich Bildhauerei studiert. Das Rosshaar-Kunsthandwerk scheint äußerst wenig mit Bildhauerei zu tun zu haben. Was hat Sie so daran gereizt?
Als ich anfing, mit Rosshaar zu arbeiten, befand ich mich in einer sehr unsicheren Phase. Ich habe mir damals viele Gedanken darüber gemacht, ob das zweite Studium, das ich mit Ende zwanzig an einer Graduate School angefangen hatte, die richtige Entscheidung war. Ich musste am Wochenende Teilzeit arbeiten, um über die Runden zu kommen, und unter der Woche meinem Handwerk und dem Studium nachgehen.

Um aus Mähnen- und Schweifhaar einen dreidimensionalen Gegenstand zu fertigen, muss man die einzelnen Haare mit einer Nadel dicht miteinander verflechten und gleichzeitig immer miteinander verknüpfen. Diese sich wiederholende, einfache Arbeit hat mich fasziniert. Ich sah, wie aus unscheinbaren Haaren eine solide dreidimensionale Form entstand, und gewann Mut, dass auch aus mir etwas wird.

Es ist interessant, dass aus Tierhaaren nützliche Kunsthandwerke werden. Sie wirken urtümlich und sind zugleich umweltfreundlich.
Früher, als ich mich mit der Bildhauerei beschäftigte, habe ich es immer schade gefunden, dass so viel Müll erzeugt wird. Die Arbeit mit Rosshaar verursacht nicht so viel Abfall und selbst wenn ein Werk weggeworfen wird, beeinträchtigt es die Natur nicht. Das gefällt mir besonders. Als Grundform für das Flechten des Rosshaars wird ebenfalls eine selbst geschnitzte Holzform benutzt.

Wie sieht der Arbeitsprozess aus?
Für die Arbeit benötigt man lediglich Rosshaar, Nadel, Schere und eine hölzerne Grundform. Zunächst werden gleichmäßig dicke und glatte Malchong-Haare auserwählt. Diese werden dann an die Grundform aus Holz gebunden, in eine Nadel gefädelt und dicht miteinander verflochten. Wenn man mit dem Flechten fertig ist, wird das Stück in kochendes Wasser gestellt, um die Form zu festigen. Nach dem Trocknen im Freien und der Entfernung der Grundform ist das Werk vollbracht. So einfach ist der Arbeitsprozess.

Sie stammen von der Insel Jeju. Lassen Sie sich das Rosshaar direkt von dort liefern?
Bekannte, die auf Jeju Pferdezuchtanstalten betreiben, schneiden und schicken mir gelegentlich Rosshaar, das reicht aber nicht aus. Derzeit mische ich aus den USA, China und der Mongolei importiertes Rosshaar für meine Arbeit.

Rosshaar ist ein Naturmaterial. Ist es nicht schwierig zu bearbeiten?
Aus einem Bündel Mähnen- und Schweifhaar kann nur etwa 10 bis 20 Prozent verwendet werden. Anfangs fand ich das schade und habe daher auch Haare weniger guter Qualität verwendet, aber das fertiggestellte Werk wies dann keine perfekte Form auf. Mittlerweile habe ich ein Fingerspitzengefühl für qualitativ gutes Rosshaar ertwickelt. Wenn ich den ganzen Tag so dasitzend arbeite, belastet das meine Handgelenke und Schultern. Aber ich glaube, dass dies eine Herausforderung aller Kunsthandwerker ist.

Ihre Werke scheinen sich in zwei Gruppen zu unterteilen: Gegenstände wie Halsketten, Mobiles oder Armstulpen, die man im Alltag nutzt, und Objekte, die die Form der Relikte wie Tongefäße mit Kammmustern aus der Jungsteinzeit reproduzieren. Bitte erklären Sie uns die Ausrichtung Ihrer Arbeit.
Anfangs stand für mich die Praktikabilität im Vordergrund und ich habe mich auf die Entwicklung von Produkten wie Halsketten und Mobiles konzentriert. Mit der Zeit bedauerte ich es jedoch, dass die Besonderheiten des Rosshaars nicht vollständig zur Geltung kamen. Ich wollte die Festigkeit des dreidimensionalen Körpers und den eigenständigen Charakter des Rosshaars, das selbst Licht ausstrahlt, wenn es Licht empfängt, effektiver zum Ausdruck bringen.

Ich habe eine große Vorliebe für prähistorische Artefakte, weil die einfache Form solcher Relikte die Handkraft der damaligen Menschen spüren lässt. Ich fragte mich, wie es wäre, die Kraft des Rosshaars, die ich selber spürte, durch eine einfache Gefäßform wie die der Tongefäße mit Kammmustern auszudrücken. Und seitdem versuche ich bis heute Werke in Form von Tongefäßen in verschiedener Gestalt und Größe herzustellen.

Die außergewöhnliche Feinheit Ihres preisgekrönten Werkes A Time of Sincerity hatte mich beim ersten Blick in Erstaunen versetzt. Wie lange hat die Herstellung gedauert?
Bei diesem Werk handelt es sich um eine Kreation, die auf der Form von Tongefäßen aus uralten Zeiten basiert. Da es für einen internationalen Wettbewerb gedacht war, wollte ich die Historizität und die Ästhetik des lokalen traditionellen Malchong-Handwerks in meine Arbeit einbringen, sodass ich zum Teil das Muster eines Sabanggwan, einer Herrenhutart aus der Joseon-Zeit, verwendet habe. Es dauerte etwa zwei Monate bis das Werk fertig war. Die lange Fertigungsdauer ist auch eine wichtige Botschaft, die mein Werk übermittelt. Der Titel „A Time of Sincerity“ steht im selben Kontext. Nur wenn man Tag für Tag aufrichtige Arbeit verrichtet, ist es möglich, aus Rosshaar eine dreidimensionale Form zu schaffen. Es ist auch etwas, was ich mir selbst sagen möchte: Für ein selbstständiges und unabhängiges Leben, muss man jeden Tag aufrichtig leben.

Gibt es Reaktionen der Ausstellungsbesucher, die Ihnen besonders in Erinnerung geblieben sind?
Viele überraschte mein Alter. Da mein Werk im traditionellen Handwerk wurzelt, haben sie wohl gedacht, dass der Künstler bzw. die Künstlerin selbstverständlich ein hohes Alter aufweisen würde. Angefangen habe ich, weil es mir einfach Spaß machte. Aber heute verspüre ich, anders als früher, auch ein gewisses Pflichtbewusstsein. Denn das Verschwinden eines traditionellen Kunsthandwerks bedeutet ja, dass ein Pfad, auf dem unser Geist gewandelt hatte, verloren geht. Da ich noch in meinen Anfang Dreißigern bin, werde ich mich noch einige Jahrzehnte mit diesem Kunsthandwerk beschäftigen.



Jeong Da-hye, die Bildhauerei an der Undergraduate und Textilien an der Graduate School studiert hat, schafft Werke, die eine Neuinterpretation des traditionellen Rosshaar-Kunsthandwerks in moderner Ästhetik sind. Manggeon, das sie hier trägt, war ursprünglich ein Haarband für adlige Herren der Joseon-Zeit. Die Künstlerin schuf daraus ein Damenaccessoire.
Mit freundlicher Genehmigung von Soluna Craft Korea

Was ist aus Ihrer Sicht der Wert des koreanischen Kunsthandwerks?
Der Maßstab, den ich bei meiner Arbeit ansetzte, bin immer ich selbst. Es ist am wichtigsten, ob es mir gefällt bzw. meinem Standard entspricht. Mit dem Kunsthandwerk Koreas verhält es sich meiner Meinung nach ähnlich. Es ist unser Kunsthandwerk, das wir aus unserer Perspektive betrachten. Ich glaube, das, was aus unserer Sicht und nicht nach den Kriterien anderer schön ist, wird auch auf dem Weltmarkt Anklang finden.

Kang Bo-raFreiberufliche Journalistin

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