Lee Byoung-bok ist eine Pionierin, die den Grundstein der Bühnenästhetik im koreanischen Theater legte. 1969 eröffnete
sie ein Theatercafé, das dem koreanischen Publikum kontroverse westliche Theaterstücke, traditionelles koreanisches
Volkstheater und modernes kreatives Theater näher brachte, wodurch das Kleinbühnentheater gefördert wurde.
Lee, die 40 Jahre lang die Theatertruppe Jayu (Jayu Theater Company; „jayu“: Freiheit) leitete, bezeichnet sich selbst
bescheiden als „Narren am Heck“; jüngere Künstler betrachten sie jedoch als „Polarstern“, der ihnen den Weg weist.
Im Dezember letzten Jahres wurde in Lees Atelier im Seouler Stadtviertel Jangchungdong
eine Feier zu ihrem 90. Geburtstag veranstaltet. Unter den Familienangehörigen
und Künstlern, die in diesem kleinen Kreis zusammengekommen waren, befand sich
auch die über 70-jährige Schauspielerin Son Sook, die zu Lee sagte: „Dank Ihrer Hartnäckigkeit
konnten die Theatermacher in diesem Lande durchhalten. Weil Sie sie ihr Leben
lang nicht losgelassen haben, konnten sie so weit kommen. Wir danken Ihnen sehr.“
Café Théâtre und Theatergesellschaft Jayu
40 Jahre lang (1964-2004) leitete Lee Byoung-bok die Theatergesellschaft Jayu. Anders als
bei anderen Theatertruppen, bei denen meist der Regisseur die Geschäftsführung übernimmt
und damit über Wohl und Wehe der Truppe entscheidet, wurde beim Theaterkollektiv
Jayu die Bühnengestalterin mit dieser Aufgabe betraut. Möglich war das dank des Systems
des „kollektiven Kreierens“: Für alle Entscheidungen im Produktionsprozess inklusive
der Auswahl der Stücke setzten sich die für die verschiedenen Bereiche zuständigen Experten
zusammen und entschieden gemeinsam. Unter diesem System arbeitete Lee engagiert
als Spezialistin für Kostüme und Bühnenbild und trug so zur Weiterentwicklung von Bühnenkunst
und –design bei.
Als Vorbild diente der Truppe die französische Privatbühne Compagnie Renaud-Barrault,
gegründet von dem Ehepaar Madeleine Renaud und Jean-Louis Barrault, und als Arbeitspartner
stand ihr stets der Regisseur Kim Jeong-ok zur Seite, ein langjähriger Freund aus
Lees Frankreichzeit. Voller Leidenschaft arbeiteten die beiden Hand in Hand und gründeten
das Theaterkollektiv, doch in den 1960ern war in Korea kaum eine Bühne zu finden. Die
hoch motivierten Kollektivmitglieder brauchten aber eine Bühne, auf der sie regelmäßig
auftreten konnten. Lee erinnerte sich an die Pariser Kleinbühnen in Montparnasse und am
Seine-Ufer und schlug die Eröffnung eines „Theatercafés“ vor. Zusammen mit ihrem Mann,
dem Künstler Kwon Ok-yon, mietete sie einen heruntergekommenen Raum in Chungmu-ro
2-ga in der Seouler Stadtmitte, den sie eigenhändig zu renovieren begannen. Mit Kreide
zogen sie Linien auf dem Boden und teilten den Raum fein säuberlichst nach Nutzungszweck
ein: Eingang mit exakter Markierung der Türposition, Bühne, Technikraum, Halle,
Ticketschalter und Garderobe, Kasse, kleine Bar, WC und Küche. Nach all den Tagen und
Nächten voller Anstrengungen wurde das Café Théâtre in Myeong-dong, im Herzen Seouls,
schließlich im April 1969 eröffnet. Es war der allererste Ort in Korea, wo die Besucher bei
einer Tasse Tee oder Kaffee eine Vorführung genießen konnten. Montags stand Studententheater
auf dem Spielplan, freitags war traditionell Koreanisches angesagt wie Volkstheater,
der epische Sologesang Pansori oder das Puppentheater Kkokdugaksi. An den übrigen
Wochentagen spielten die Jayu-Theatertruppe und andere Truppen. Präsentiert wurde
ein gefächertes Repertoire: Viele kontroverse westliche Stücke wie Die kahle Sängerin von
Eugène Ionesco und Die Zoogeschichte von Edward Albee, brillante koreanische Kreativtheaterstücke
wie The Roly Poly on Roller Skate von Oh Tae-suk, und Neuinszenierungen von
Stücken aus den 1920ern und 1930ern im Zuge der Bewegung des Neuen Theaters. Das
Café Théâtre war ein Ort, an dem traditionelle koreanische Darstellende Künste (Yeonhi)
wie Pansori und das Puppentheater Kkokdugagsi dem jungen Publikum präsentiert wurden
und wo in einer Zeit, als Bühnen rar waren, zahlreiche Theatergesellschaften (Jayu
Theater Company, Theatre Min-ye Group, Shilhum Theater Group, Gagyo Theatre Company,
Minjung Theatre Company) eine Gelegenheit zu Vorführungen fanden. Somit hat es nicht
nur einen monumentalen Beitrag zur Förderung des Kleinbühnentheaters geleistet, sondern
auch als Plattform des sozialen Austausches für Kultur- und Kunstkreise gedient.
In Lee Byoung-boks Theaterkarriere fungierte die Theatergesellschaft Jayu als eine Achse,
die sie zum steten Nachsinnen über die Bedeutung von Gemeinschaft und Zusammenarbeit
anregte, und das Café Théâtre als eine zweite Achse, die sie über die Bedeutung desKleinbühnentheaters und dessen Berührungspunkte mit dem Publikum nachdenken
ließ. Entlang dieser Achsen schuf sie zahlreiche Koordinaten, und die
Konflikte und Spannungen, die sich in deren Umfeld ergaben, ließen die Theaterschauspieler
Koreas heranreifen und ihre Träume nähren.
Experimentelle Bühnenkostüme und Bühnengestaltung
Lee Byoung-bok ging 1957 nach Frankreich. Zu der Zeit musste man von Korea
aus einen Monat mit dem Schiff reisen, um dorthin zu kommen. Lee, die ihre
drei Kinder, darunter einen Säugling, bei ihrer Schwiegermutter lassen musste,
brach nicht fest entschlossen in die Fremde auf, weil sie den Ehrgeiz hatte, eine
weltberühmte Kostümdesignerin oder Bühnenbildnerin zu werden, sondern sie
wollte einfach ihren Mann beim Kunststudium in Frankreich unterstützen. Doch
ihr intellektueller Hintergrund – sie hatte an einer renommierten koreanischen
Universität Englische Literatur studiert – und ihr fleißiges und robustes Naturell
bewiesen sich auch in Frankreich. Die „freie Minute“, in der sie ihren Mann
nicht unterstützte, nutzte sie, um eine Schneiderschule zu besuchen.
„Die Aufgabe war, ein zweidimensionales Schnittmuster zu entwerfen, aber ich
machte weiter bis zur Drapierung am Modell, woraufhin sie mich hinauswarfen.
Ich war doch nur so fleißig, weil ich jede Sekunde
nutzen wollte, doch nach sechs Monaten war alles
aus“, sagt sie. Aus der Enttäuschung wuchs der Wille,
sich nicht unterkriegen zu lassen. Sie begann in der
Abendkleider-Abteilung einer Damenschneiderei, wo
sie ihr Gespür für Design entwickelte: „Stundenlang
standen Models in Slip und BH neben den Schneidern,
d.h. wir haben nicht an einer Puppe geschneidert, sondern
direkt am Körper Maß genommen. Immer wieder
ließen wir die Models die Kleider anprobieren und sich
darin bewegen, um zu sehen, wie sie fallen, und den
Schnitt zu optimieren. So was hätte ich in der Schule
nie gelernt.“
Diese Erfahrung diente nach ihrer Rückkehr nach
Korea als Grundlage ihrer Arbeitstechniken. Damals
lernte Lee auch, ein Kleidungsstück nicht einfach
als ein Objekt zu betrachten, sondern als lebendiges,
atmendes Wesen. Sie begann, einen Bühnenkos-tüm-Stil in ihrer ganz persönlichen Handschrift zu entwickeln, bei dem Kostüm
und Träger miteinander verschmolzen zu sein schienen.
In Lee Byoung-boks Theaterkarriere fungierte die Theatergesellschaft Jayu als eine Achse, die sie
zum steten Nachsinnen über die Bedeutung von Gemeinschaft und Zusammenarbeit anregte, und
das Café Théâtre als eine zweite Achse, die sie über die Bedeutung des Kleinbühnentheaters und
dessen Berührungspunkte mit dem Publikum nachdenken ließ. Entlang dieser Achsen schuf sie
zahlreiche Koordinaten, und die Konflikte und Spannungen, die sich in deren Umfeld ergaben, ließen
die Theaterschauspieler Koreas heranreifen und ihre Träume nähren.
Durch ihre künstlerische Bühnengestaltung, bei der sie eine konsistente Harmonie
von Kostümen, Requisiten und Bühnenbild anstrebte, brachte Lee ein
neues Bühnendesign-Konzept ins koreanische Theater, das mit What Shall We
Become? (1978) richtig in Schwung kam. Es entwickelte sich weiter bei Evening
Primroses (1982), wo sie eine Zuschauergruppe durch von Buschklee-Ästen
hängende Stoffpuppen mit augenlosen Gesichtern darstellte, und bei Flowers
Bloom Even on Windy Days (1984), wo sie Puppen, die bis dahin reine Requisiten
gewesen waren, als zentrale Elemente im Maskentheater einsetzte.
In Hens Will Do If the Roosters Don’t Crow (1988) machte Lee mit über 70 Kostümen
aus Hanji, dem traditionellen koreanischen Papier aus der Rinde des
Maulbeerbaums, von sich reden. Mit Hanji lassen sich je nach Klebstoff-Rohmaterial
(Getreide, Pflanzen, Mischfasern etc.) und -konsistenz Kostüme unterschiedlicher
Steifheit herstellen, wobei je nach Anzahl der Papierschichten ein
anderer Eindruck entsteht. Lee schneiderte die Kostüme abgestimmt auf die
Intensität und Häufigkeit der Bewegungen der einzelnen Schauspieler. Ihre
Hanji-Kostüme, die mit Überlegungen zur Dreidimensionalität gefertigt wurden,
wirkten betont stilisiert und unterstrichen so den rituellen Charakter des
Stückes noch stärker. Zudem verlieh die Irrealität der aus Papier gefertigten
Kostüme Zeit und Raum, die im Stück dargestellt wurden, eine gewisse Tiefe
und ihre verblichen wirkenden Töne erschienen elegant und stilvoll zugleich.
Dass sie bei Bluthochzeit (1988) durch wild gewickelte Röcke das Gemüt des
einfachen Mannes zum Ausdruck brachte, für Birds in Flight against the Setting
Sun (1992) Pluderhosen im Stile der bauchigen koreanischen Jangdok-Vorratskrüge
entwarf, und für Hamlet (1993) mit 400 Rollen Hanfleinen die Kulisse
einer Trauerhalle darstellte – all das ist Beweis von Lees Tiefblick und künstlerischer
Fantasie. Die von Lee gestalteten Bühnen,
bei denen Formen und Texturen Saiten im Zuschauer
ansprechen, machten die Aufführungen noch bewegender.br>
Kulmination ihrer Bühnengestaltungskunst
war das Ritualdrama Exorcism for Costumes (1999),
bei dem letztendlich Bühnenkostüme und Kunst verschmolzen,
indem die Kostüme das Schauspiel schufen
und die Bühne gestalteten.
Ein Regiment aus Hanfleinen-Puppen bildete den Hintergrund für Die
Bluthochzeit. Lee Byoung-bok, die dieses Stück des spanischen Theaterschriftstellers
Federico Lorca besonders liebt, hat sich mehrfach
mit koreanischen Interpretationen des Bühnenbilds versucht.
In den Schubladen, in denen sie ihre Materialien säuberlich
geordnet aufbewahrt, liegen leere Reissäcke,
altes Zeitungspapier, Kordeln, Plastikfolien und Hanji-
Papierreste. Ihre elegant wirkenden Kostüme sind
also aus Alltagsabfällen gemacht. Sie nutzte getrocknete
Schwammkürbisse aus eigenem Anbau, um den
Kostümen mehr Volumen zu geben, und die Insignien
der königlichen Roben schuf sie, indem sie wiederholt
mit Fäden und Plastikfolien, die verflochten, mit Kleber
fixiert und gebügelt wurden, experimentierte. Mit für
jedermann erhältlichen Allerweltsmaterialien etwas
zu kreieren, auf das sonst niemand kommt, und dabei
wiederholte Misserfolge und Plackerei nicht zu scheuen
– diese experimentelle Haltung Lees war für ihre Theaterkollegen
in vielerlei Hinsicht stets eine Inspiration.
Lee erinnert sich: „Gutes Hanji-Papier ist äußerst
robust. Deshalb hebe ich die Hanji-Reste von misslungenen
Kostümen für Masken auf. Nichts wird weggeworfen,
alles kann zu einer großartigen Requisitefür die Bühne werden. Der Rasen in Thieves’ Carnival wurde aus Eisenwolle gemacht.
Die Idee dafür kam mir, als ich an einem Eisenwarenhandel vorbeilief, wo gerade ein
Eisenblech geschnitten wurde. Die Abfälle sahen wie weiches Seidengarn aus. Als ich
sie leicht zusammenknüllte, bekamen sie ein natürliches Volumen. Jedes Mal, wenn
ich unterwegs war, kam ich vollbeladen mit solchen Abfällen zurück.“
Von all ihren Requisiten sind die Masken am einzigartigsten. Die Augen – wenn überhaupt
vorhanden – sind enge Schlitze, die zusammengedrückten Nasen und die schiefen
Münder wirken auf den ersten Blick hässlich. Doch diese eigenartigen und hässlichen
Masken haben je nach Betrachtungswinkel einen unterschiedlichen Ausdruck. Das
Amorphe, die Basis der koreanischen Gefühlswelt, wird auf diese Weise aufgedeckt.
Das Myung Sook Park Dance Theater bei seiner
Vorstellung zu Ehren der Künstlerin während der
Eröffnungszeremonie der Ausstellung Lee Byoungbok:
Act 3, Scene 3 im Arko Arts Theater (2013). Die
langen, natürlich drapierten Stoffstreifen, die Kostüme
aus Hanji-Maulbeerbaumpapier und andere für Lee
Byoung-boks Bühnenbilder charakteristische Elemente
waren Kernbestandteile der Tanzvorführung.
Lee Byoung-bok, nirgendwo
Vor rund zehn Jahren war in Geumgok in der Provinz Gyeonggi-do eine außergewöhnliche
Ausstellung zu sehen. Gezeigt wurden Werke, die Lee in ihrer über 50-jährigen
Karriere geschaffen hatte: Kostüme, Requisiten, Puppen und anderes. Eine solche Art
von Ausstellung im Inland ist schon etwas außergewöhnlich, noch außergewöhnlicher
war aber der Titel Lee Byoung-bok, nirgendwo, was ihre Absicht ausdrückte, nach der
Ausstellung alle im Laufe ihres Lebens geschaffenen Werke zu verbrennen.
Die mehr als ein halbes Jahrhundert umfassende Sammlung von Werken eines Kunstschaffenden
kann wertvolles Material für die Kunstgeschichte sein. Doch wenn nach
dem Tod des Künstlers keine ausreichenden Konservierungsmaßnahmen getroffen
werden, können die Werke schnell ruiniert werden oder verloren gehen. Lees „Nirgendwo-
Ausstellung“ war damit ihre Art des Protests gegen die erstickende Realität
in Korea, das den Wert von Kunstgeschichte und deren Dokumentierung nicht hinreichend
beachtet. Der Schmerz einer Künstlerin, die all ihre Werke verbrennen will,
gleicht wohl dem einer Mutter, die ihr Kind überlebt hat. Im Dezember 2009 wurde
dann jedoch das Museum of Performing Arts im National Theater of Korea eingerichtet.
Als Museum für Darstellende Kunst ist es zwar nicht auf Theater spezialisiert, doch
zu seiner Sammlung gehört eine große Bandbreite von Materialien der Darstellenden
Künste aus dem letzten halben Jahrhundert, die der Öffentlichkeit durch Ausstellungen
und Bildungsprogramme zugänglich gemacht werden.
Zurzeit konzentriert sich Lee Byoung-bok darauf, ihren Besitz in Geumgok zu richten.
Auf einer Fläche von ca. 26.500m2 stehen ein knappes Dutzend traditionelle koreanische
Hanok-Häuser, die Lee und ihr 2011 verstorbener Mann Kwon im Laufe ihres
Lebens in den verschiedenen Ecken des Landes ausfindig gemacht, hierher transportiert
und restauriert haben. In den 1970ern und 80ern, als Korea rapide gesellschaftliche
und wirtschaftliche Umwandlungen erfuhr, veränderten sich auch die Stadtlandschaften
dementsprechend radikal. Im Rahmen der groß angelegten, von der Regierung
vorangetriebenen „Bewegung Neues Dorf“ zur Modernisierung der ländlichen
Gebiete wurden die traditionellen Hanok-Häuser größtenteils von Häusern westlichen
Stils verdrängt. Das Ehepaar interessierte sich jedoch nicht für die schicken westlichen
Bauten, sondern für die verschwindenden Hanok.
Eins der Gebäude in Geumgok ist das Gungjip („gung“: Palast, „jip“: Haus), das König
Yeongjo (reg. 1724-1776) für seine jüngste Tochter erbauen ließ. In Anerkennung des
kulturellen Werts des Anwesens wurde das Gungjip 1984 als Wichtiges Volkskundliches
Gut registriert. Mit dem Gungjip im Zentrum wurden weitere Hanok-Anwesen aus
Yongin, Gunsan und anderen Landesteilen umplatziert, wobei auch die heruntergekommenen
strohgedeckten Häuser in der Umgebung versetzt und restauriert bzw. neu
gebaut wurden. Es dauerte mehrere Jahre, Bäume anzupflanzen, Wasserläufe anzulegen
und das Gelände zu ebnen.
Prince Hodong (1991), das krönende Werk von
Lee Byeong-bok, wurde ebenfalls in Geumgok
aufgeführt. Allein schon die Bühne, die auf
einem Teich vor dem alten Haus eingerichtet
wurde, bot einen atemberaubenden Anblick.
Die „Outside-the-Box“-Kulisse mitten in der
Natur, die erstklassigen Schauspieler wie Park
Jeong-ja und Yun Seok-hwa und die exquisiten
Kostüme und Requisiten schufen einen Raum
von perfekter Harmonie. Bis heute wird dieses
Stück als repräsentatives Meisterwerk für die
Errungenschaften des koreanischen Bühnendesigns
erwähnt.
Prince Hodong krönte das Finale des Weltkongresses
der OISTAT (International Organisation
of Scenographers, Theatre Architects,
and Technicians). Die Aufführung schien die
OISTAT-Mitglieder aus anderen asiatischen
Ländern noch stärker zu begeistern als die aus
dem Inland. Die Gäste aus China und Japan waren voll des Lobes und merkten
an, dass sie als Repräsentanten Asiens stolz auf dieses von asiatischen Kollegen
geschaffene Werk seien. Lee Byeoung-bok sagte: „In puncto Bühnenbild ist
Korea unbestritten stark. Seit den 1990ern hat Korea seine Kompetenz mehrfach
unter Beweis gestellt, wie z.B. auf der großen Weltausstellung für Szenografie in
Prag.“ Zum ersten Mal wurde mit Lee Byeong-bok ein Teilnehmer aus Korea auf
der Prague Quadrennial ausgezeichnet, und zwar in der Kategorie Kostümdesign.
Nach ihr folgten weitere koreanische Bühnenbildner wie Shin Seon-hui und
Yun Jeong-seob. Heute bemühen sich viele koreanische Bühnendesigner der
jüngeren Generation, den weltweit renommierten Preis zu gewinnen.
Geumgok ist für Lee Byoung-bok ein geliebter Ort mit wertvollen Erinnerungen.
Aber es wurde für sie immer schwieriger, die traditionellen Häuser, die für
die moderne koreanische Geschichte den Wert von Kulturgütern haben, privat
zu verwalten. Auch wenn sie nach dem Standortwechsel restauriert wurden, so
bleiben es doch Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte alte Häuser, und da die Verlegungen
auch schon über 40 Jahre her sind, wurden Aufrechterhaltung und
Verwaltung immer schwieriger. Es gab sogar einmal einen Einbruch. An dem
Tag, als wertvolle, unersetzbare Kulturgüter verloren gingen, saß Lee sehr,
sehr lange entgeistert unter dem Dachvorsprung. Die Energie, mit der sie nochvor zehn Jahren mit ihrer „Nirgendwo-Ausstellung“
mutig zurückschlug, ist mittlerweile allmählich verloren
gegangen. Auf dem einen Ohr kann sie fast nichts
mehr hören und ihre Handgelenke sind arthritisch.
Auch heute noch besucht Lee Byoung-bok jeden Morgen
um sieben Uhr Geumgok. Alles, was sie tut, sind
Unkraut jäten und Laub fegen, aber diese banalen Aufgaben
hat sie in den letzten 50 Jahren nie vernachlässigt.
Vielleicht symbolisiert gerade das ihr Leben: Das
Leben einer Bühnenbildnerin, die hinter den Kulissen
die Kostüme zurechtzupft und bis zum Aufgehen des
Vorhangs noch am Set herumpoliert. Hinter den Verzückungen
auf der glitzernden Bühne stecken ihre
schwieligen Hände und ihre stummen Beifallsrufe. Lee
Byoung-bok hat sich daher immer in Unterscheidung
von den „Narren am Bug“, also den im Rampenlicht
stehenden Schauspielern, selbstspöttisch als „Narren
am Heck“ bezeichnet.