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2019 SPRING

SPEZIAL :Der Weg in die Moderne - Korea im frühen 20. Jahrhundert

Jeong-dong: Wiege der Hoffnung auf einen modernen Staat

Das im Herzen von Seoul gelegene Viertel Jeong-dong (auch: Jeongdong) war der Geburtsort des Kaiserreiches Korea (1897-1910). Dort ließen sich die ersten westlichen Gesandtschaften, christlichen Missionare und die technischen Berater des Kaisers nieder. Die Enklave wurde zum 'Schauraum“ der westlichen Modernisierung, die der Kaiser nachzuahmen bestrebt war. Die imperialistischen Ansprüche Japans zerstörten jedoch seinen Traum von der Schaffung eines modernen souveränen Staates. Das Kaiserreich Korea endete 1910 nach nur 13 Jahren.

Die Thronhalle des Palastes Deoksu-gung ist von im frühen 20. Jh. erbauten traditionellen Palastgebäuden und Bauten westlichen Stils umgeben. 1897 rief Gojong, der 26. Monarch des Joseon-Reichs, in diesem Palast das Kaiserreich Korea aus und entfaltete rege diplomatische Aktivitäten. 1910 verlor die Nation jedoch ihre Unabhängigkeit.© Deoksugung Palace Management Office

Als sich Korea in den 1880er Jahren gegenüber dem Westen öffnete, erfuhr Jeong-dong eine grundlegende Veränderung. Hofbeamte und Adlige hatten sich seit jeher in der Nähe des königlichen Palastes Gyeongbok-gung niedergelassen. Gesandte aus westlichen Ländern, die Verbindungen zum Königshof suchten, zog es entsprechend nach Jeong-dong.

Der amerikanische Gesandte Lucius Harwood Foote (1826-1913) war einer der ersten davon. 1882 unterzeichneten Korea und die USA den Friedens-, Freundschafts-, Handels- und Schifffahrtsvertrag und Washington schickte Foote nach Korea, um eine Gesandtschaft einzurichten. Zu diesem Zweck kaufte er 1884 ein von einer Adelsfamilie neu erbautes Haus in Jeong-dong. Footes britische, russische und französische Amtskollegen folgten bald seinem Beispiel. Sie errichteten prunkvolle Gebäude im westlichen Stil, die ihren Reichtum und ihre Macht demonstrierten und sich deutlich vom Domizil Footes, einem bescheidenen, traditionellen Hanok-Haus, abhoben. Das kleine Hanok, das sich auf dem Gelände der Residenz des amerikanischen Botschafters befindet, ist eins der ältesten im Ausland gelegenen Gebäude der US-Regierung, das noch bis heute genutzt wird.

Jeong-dong, das sich zum Mittelpunkt diplomatischer Aktivitäten entwickelte, wurde als „Viertel der Gesandtschaften“ bekannt. Bald schon öffneten Hotels und Geschäfte, deren Dienstleistungen auf die Bedürfnisse der Diplomaten und ihrer Gäste abgestimmt waren. Die meisten Ausländer, die nach Seoul zogen, ließen sich in Jeong-dong nieder, wodurch sich der Charakter des Viertels grundlegend veränderte.

Zu den Neuankömmlingen zählten auch christliche Missionare. Neben der US-Gesandtschaft richteten sich die Presbyterianische Kirche und die Methodistenkirche ein. Bald darauf folgten moderne Krankenhäuser und von Missionaren geleitete Schulen wie Pai Chai Hakdang, Ewha Haktang und Gyeongsin, aus denen heutzutage renommierte Schulen und Universitäten hervorgegangen sind. Besonders hervorzuheben sind dabei die gemeinsamen Anstrengungen der Missionare, Mädchen und Frauen einen grundlegenden Zugang zur Bildung zu ermöglichen. Für die Koreaner repräsentierte Jeong-dong entsprechend alles, was modern und westlich war.

Köng Yeongchin (erste Reihe Mitte), der letzte Kronprinz von Joseon, bei einem Fototermin (1911) mit hochrangigen Amtsträgern im Seokjo-jeon (Halle aus Stein). In diesem neo-klassizistischen Gebäude empfing der Kaiser ausländische Gesandte. Nach der Annektion durch die Japaner wurde aus dem Bau ein Kunstmuseum. © National Palace Museum of Korea

Auf diesem Foto aus dem Jahre 1903 posieren die Leiter ausländischer Gesandtschaften in Hanseong nach einem von dem amerikanischen Gesandten Horace N. Allen (vierter von links) anberaumten Treffen in der US-Gesandtschaft für einen Fototermin. Die amerikanische Gesandtschaft war die erste, die in Jeong-dong eingerichtet wurde.

Geburt eines modernen Staates
1897 proklamierte König Gojong (reg. 1863-1907; ab 1897 Kaiser) das Kaiserreich Korea (Daehan Jeguk). Durch diese Proklamation wurde Korea völkerrechtlich als moderner souveräner Staat neu definiert. Gleichzeitig nahm die Ära des 1392 begründeten Joseon-Reichs, dessen Verfall nicht mehr aufzuhalten war, ein Ende. Der 45-jährige König nannte das neue Zeitalter „Gwangmu“, eine Regierungsdevise, die Wiederbelebung und Stärkung des Landes propagierte, und änderte seinen Titel in „Kaiser Gwangmu“. Er strebte nach einem prosperierenden und modernisierten Staat, der in der Lage sein sollte, die Eingriffe Chinas, Japans und Russlands in die koreanische Souveränität abzuwehren.

Gojong beschloss außerdem, den Palast Gyeongun-gung in Jeong-dong zum neuen Kaisersitz umzugestalten. Er verstand sich als aufgeklärter Monarch und förderte beim Palastbau gezielt den westliche Architekturstil, um seine Entschlossenheit zur Modernisierung des Landes zu demonstrieren. Während Junghwa-jeon (Halle der Ausgeglichenheit), der im koreanischen Stil gehaltene Thronsaal, ein Symbol der traditionellen Autorität blieb, standen die neu errichteten Gebäude im westlichen Stil für den Wandel zu einem modernen Land.

Jeong-dong, das sich zum Mittelpunkt diplomatischer Aktivitäten entwickelte, wurde als „Viertel der Gesandtschaften“ bekannt.

Ein Foto von Kaiser Gojong aus dem 1920 veröffentlichten Fotoalbum der Königsfamilie Yi. Das Foto zeigt Gojong mit kurzem Haar statt Haarknoten. Nachdem der Kaiser 1907 gezwungen worden war, zugunsten seines Sohnes Sunjong abzudanken, ließ er seine Haare kurz schneiden.s forced abdication and the ascension of his son, Sunjong, to the throne in 1907. © Seoul Museum of History

Zu den neuen Gebäuden gehörte z.B. Jungmyeong-jeon (Halle des kostbaren Lichts), die im hinteren Bereich des Palastgeländes neben der US-Gesandtschaft errichtet wurde. Das ursprünglich einstöckige Gebäude im westlichen Stil, das als kaiserliche Bibliothek diente und zwei Mal den Flammen zum Opfer fiel, wurde als zweistöckiges Backsteingebäude neu errichtet. Ab 1904 waren hier die Privatgemächer von Gojong untergebracht. Im September 1905 empfing Gojong im ersten Stock dieses Gebäudes Alice Roosevelt, die Tochter von US-Präsident Theodore Roosevelt, die damals zusammen mit Kriegsminister William Howard Taft eine große diplomatische Entourage durch ganz Asien führte. In der Hoffnung aufUnterstützung der USA für das koreanische Kaiserreich brachte Gojong den amerikanischen Gästen große Gastfreundschaft entgegen und schenkte Alice Roose-velt sogar sein Proträtfoto, das im Flur dieses Gebäudes aufgenommen worden war. Beim Besuch, den die Delegation in Tokio abgestattet hatte, hatte Taft allerdings keine Einwände gegen die Behauptung Japans vorgebracht, dass die Umwandlung Koreas in ein japanisches Protektorat der Stabilisierung Ostasiens dienen würde.

Ein weiterer zweistöckiger Neubau war Dondeok-jeon (Halle der Vertiefung der Tugend). Die Halle wurde 1901 zum Empfang ausländischer Gäste auf der damals bevorstehenden Feier zu Gojongs 40. Thronjubiläum gebaut. Die Veranstaltung wurde zwar letztendlich abgesagt, aber das Gebäude, das Stilelemente von Renaissance und Gotik vereint, wurdemehrfach für Treffen des Kaisers mit ausländischen Gästen sowie für Empfänge, an denen Würdenträger im Frack teilnahmen, benutzt.

Seokjo-jeon (Halle aus Stein) ist das größte Gebäude im westlichen Stil, das heute noch auf dem Palastgelände steht. Am Bau waren zwei Briten maßgeblich beteiligt: John McLeavy Brown, der damalige Finanzberater des Kaisers, regte den Bau an, und J. R. Harding, ein Ingenieur, der zuvor in Shanghai gearbeitet hatte, wurde mit dem Entwurf beauftragt. Resultat war ein grandioses Gebäude im neoklassizistischen Stil. Trotz der Ebbe in der Hofkasse hegte Kaiser Gojong große Hoffnungen, dass das Gebäude die Modernität des Landes demonstrieren würde. Nach zehnjähriger Bauzeit wurde das Gebäude im Juni 1910 fertiggestellt – zwei Monate vor der Annexion Koreas durch Japan.

Das Kaiserreich Korea trieb auch andere Entwicklungsprojekte voran. Geistige Elite und Hofbeamte wurden sich zunehmend der in anderen Ländern fortschreitenden Modernisierung bewusst und erkannten, dass Korea ein Nachzügler in Bezug auf die Industrielle Revolution war. Lee Chae-yeon, der Oberste Magistrat von Hanseong (alter Name von Seoul), der in der koreanischen Gesandtschaft in Washington gedient hatte, erstellte nach dem Modell der amerikanischen Hauptstadt ein Gesamtkonzept für Stadtentwicklung.

Die Hansung Electric Company, in die Kaiser Gojong Geld aus der Hofkasse investiert hatte, wurde mit dem Aufbau der grundlegenden Infrastruktureinrichtungen wie Stromnetz, Fernsprechleitungen, Wasserversorgungsanlagen und Straßenbahnnetz betraut. 1899 wurde die etwa 8km lange erste elektrische Straßenbahnlinie, die vom Seodaemun-Tor im Westen Seouls nach Cheongnyangni im Osten führte, eröffnet. Es war die zweite Straßenbahnlinie in ganz Asien nach der im japanischen Kyoto. 1900 wurden entlang Jong-ro, einer der quer durch die Seouler Innenstadt führenden Hauptverkehrsstraßen, elektrische Straßenlaternen installiert.

Diplomatisches Engagement
Seitdem Gojong in den 1880er Jahren begonnen hatte, eine aufklärerische Politik zu entfalten, war er bereit und willig, die westliche Zivilisation anzunehmen und von Missionaren, Diplomaten und Reisenden neue Informationen zu erhalten. Er sorgte für Telefon- und Stromanschluss im Palast und genoss westliche Kulturgüter wie Kaffee und Champagner. Beim Empfang ausländischer Gesandter trug er eine Uniform, die der des preußischen Kaisers ähnelte, und gab Empfänge westlicher Art sowie Dinnerpartys im französischen Stil.

Zur Bewirtung und Unterhaltung ausländischer Gäste engagierte Gojong Antoinette Sontag (1839-1925). Auf dem Stück Land, das Gojong dem Fräulein mit deutschen Wurzeln in Jeong-dong gewährte, betrieb sie das Sontag Hotel. Um seine Modernisierungspolitik voranzutreiben, stellte Gojong an die 200 Ausländer ein, die den Ministerien als hochrangige Berater und Techniker für seine Infrastruktur- und Verkehrsprojekte zur Verfügung standen. Diese Berater führten westliche Systeme in Korea ein, vertraten dabei aber auch die Interessen ihrer eigenen Länder. Viele von ihnen wohnten in Jeong-dong und bildeten gemeinsam mit den Diplomaten und Missionaren die Ausländergemeinde des Kaiserreichs Korea.

Das Kaiserreich strebte danach, Mitglied der modernen internationalen Gemeinschaft zu werden, und die Gegend von Jeong-dong wurde zum Mittelpunkt außenpolitischer Aktivitäten. Nachdem das Kaiserreich 1887 eine erste ständige di-plomatische Vertretung in Washington eingerichtet hatte, entsandte es auch außerordentliche und bevollmächtigte Minister in europäische Länder wie Russland, Frankreich, Großbritannien und Deutschland, wo jeweils eine diplomatische Vertretung eingerichtet wurde. Zudem entsandte Gojong seinen Vertrauten Min Yeong-hwan 1896 als Sonderbeauftragten zur Krönungsfeier von Zar NikolausⅡ. sowie 1897 zur Feier des 60. Thronjubiläums von Königin Victoria.

Das Kaiserreich Korea bemühte sich auch um den Beitritt zu internationalen Abkommen: 1899 trat es dem Weltpostverein bei und 1903 der Genfer Konvention. An der Ersten Haager Friedenskonferenz 1898, auf der Vertreter aus 26 Staaten mit dem Ziel der friedlichen Lösung internationaler Konflikte zusammenkamen, war Korea zwar nicht beteiligt, stellte aber im Februar 1902 unter dem Namen „Kaiserreich Korea“ einen Antrag auf Teilnahme an der Nachfolgekonferenz, um Vorkehrungen gegen Japans Übergriffe auf die Souveränität des Landes zu treffen.

Kurz vor Ausbruch des Russisch-Japanischen Krieges im Jahr 1904 sandte das Kaiserreich Korea ein Schreiben an die wichtigsten Weltmächte, in dem es seine Neutralität im Kriegsfall erklärte. Das Schreiben ließ es von einem Boten überbringen, der nach Zhifu in China entsandt wurde, um Japans unablässiger Überwachung seiner diplomatischen Aktivitäten zu entgehen. Zwei Europäer sollen unter der Federführung von Yi Yong-ik, eines engen und treuen Gefolgsmanns von Gojong, den Hofbeamten beim Verfassen der Neutralitätserklärung geholfen haben: Emile Martel, der Französischlehrer der kaiserlichen Familie, und ein belgischer Berater. Vicomte de Fontenay, der stellvertretende Minister der französischen Gesandtschaft, übersetzte die Neutralitätserklärung ins Französische, die dann vom französischen Vizekonsul in Zhifu telegraphisch weitergeleitet wurde. Die Bemühungen waren jedoch vergebens: Mit dem Beginn seines Krieges gegen Russland schickte Japan Tausende von Soldaten nach Korea und leitete die widerrechtliche militärische Besetzung des Landes in die Wege.

Die internationale Gemeinschaft verschloss vor diesem Verstoß Japans gegen das Völkerrecht die Augen. Vielmehr erhielt Japan Unterstützung von Großbritannien und den USA, und zwar jeweils über den erneuerten Anglo-Japanischen Allianzvertrag und das sog. Taft-Katsura-Abkommen, die die Interessen der jeweiligen Parteien in China und Korea absicherten. US-Präsident Theodore Roosevelt vermittelte die Aushandlung des Friedensvertrags zwischen Russland und Japan und erhielt dafür als erster Amerikaner den Friedensnobelpreis. Auf die japanische Präsenz in Korea nahm der russisch-japanische Friedensvertrag allerdings keinerlei Bezug. Die USA, Großbritannien und Russland hatten damit de facto Japans Vorherrschaft in Korea anerkannt.

1905, als Japan gestärkt durch die Niederlage Russlands zu einer neuen Weltmacht aufgestiegen war, zwang es Korea den Protektoratsvertrag auf. Kaiser Gojong weigerte sich bis zum Schluss, ihn zu unterzeichnen. Doch nach Drohungen des japanischen Sonderbeauftragten Ito Hirobumi unterschrieben schließlich fünf der acht Minister des koreanischen Kabinetts den Vertragstext. Völkerrechtlich war dieses Abkommen ungültig, weil es unter Zwang unterzeichnet wurde. Trotzdem beeilte sich Japan, die Unterzeichnung der internationalen Gemeinschaft zu verkünden und machte Korea zu seinem Protektorat.

JJungmyeong-jeon (Halle des kostbaren Lichts), die 1899 erbaute kaiserliche Bibliothek, diente Kaiser Gojong ab 1904 als Büro und Residenz. Hier wurde 1905 der Protektoratsvertrag zwischen Japan und Korea unterzeichnet. Das Gebäude befindet sich heute vor der Westmauer des Deoksu-gung.

Ein Foto von Jungmyeong-jeon aus Geschichte des Palastes Deoksu-gung, einem von dem japanischen Kolonialhistoriker Oda Shogo verfassten, 1938 veröffentlichten Werk. Die zweite Etage wurde nach einem Brand im Jahre 1925 bei den anschließenden Renovierungsarbeiten stark verändert.© Korea Creative Content Agency

Der Souveränität beraubt
An dem Abend, als Ito Hirobumi in Jungmyeong-jeon Gojong zur Unterzeichnung des Protektoratsvertrags zwang, beobachtete der amerikanische Vizekonsul Willard D. Straight von der Gesandtschaft aus, wie sich im Innenhof von Jungmyeong-jeon in der Nähe der Gemächer des Kaisers bewaffnete japanische Soldaten aufstellten. Die Amerikaner waren die ersten, die nach der Bekanntgabe des Vertrages den Abzug ihrer Gesandtschaft beschlossen. Als die anderen Großmächte davon hörten, zögerten sie nicht, ebenfalls abzuziehen. Frankreich, ein militärischer Verbündeter Russlands, bildete das Schlusslicht.

Die Unterstützung durch die westlichen Mächte, auf die Kaiser Gojong gezählt hatte, als er das Machtzentrum nach Jeong-dong verlegte und sich auf internationale Diplomatie fokussierte, blieb letztendlich aus. Er musste sich der bitteren Wahrheit stellen, dass nur durch diplomatische Bemühungen zur Sicherung des Beistands der Großmächte die Unabhängigkeit und Souveränität einer schwachen, unschuldigen Nation nicht zu erhalten ist.

Trotz allem gab Kaiser Gojong seine Appelle an die internationale Gemeinschaft nicht auf. Über den Arzt und Missionar Horace N. Allen, der als amerikanischer Gesandter in Korea diente, rief er die USA zur Intervention auf der koreanischen Halbinsel auf, doch es gab keinerlei Reaktion. Dann bemühte er sich, über den frisch nach Korea entsandten amerikanischen Missionar und Lehrer Homer Hulbert persönliche Bittgesuche an die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland, Österreich-Ungarn, Italien, Belgien und China zu übermitteln, aber die betreffenden Staatsoberhäupter wollten nicht in die territorialen Ambitionen Japans verwickelt werden. Gojongs Argument, dass der 1905 geschlossene Protektoratsvertrag zwischen Japan und Korea völkerrechtlich ungültig sei, weil er unter Druck unterzeichnet worden war, wurde ignoriert. Auch seine Bemühungen, den Ständigen Schiedshof in Den Haag anzurufen, scheiterten.

In einem letzten Versuch entsandte Kaiser Gojong 1907 drei seiner Vertrauten – Yi Sang-seol, Yi Jun undYi Wi-jong – zur zweiten Haager Friedenskonferenz, auf der vom Juni bis Oktober 1907 Vertreter aus 44 Staaten zusammenkamen. Die Mission wurde geheim gehalten und die drei Beauftragten reisten unbemerkt über Russland nach Den Haag. Ihre Teilnahme an der Konferenz wurde jedoch abgelehnt, sodass sie ihren Aufruf zur internationalen Intervention in Korea nur über die Journalisten, die aus aller Welt zur Berichterstattung angereist waren, übermitteln konnten. Die Weltmächte ignorierten jedoch die Lage des koreanischen Reiches erneut. Nur der amerikanische Missionar Homer B. Hulbert (1863-1949) unterstützte Gojong in seiner verzweifelten Suche nach internationaler Unterstützung und wird bis heute als Freund Koreas erinnert, der dem Land bis zum Ende beistand. Er ruht auf dem Yanghwajin-Ausländerfriedhof in Seoul.

Um Gojong für seine eigenmächtige Geheimmission zu maßregeln, zwang Japan ihn einen Monat nach Beginn der Haager Friedenskonferenz zur Abdankung. Die Thronübergabe an den Kronprinzen erfolgte in Jungmyeong-jeon. Sunjong (reg. 1907-1910), der neue und letzte Kaiser des Kaiserreichs Korea, musste in den Palast Changdeok-gung umziehen, während der abgedankte Kaiser im Gyeongun-gung blieb. Dort lebte er bis zu seinem Tode am 21. Januar 1919 in Gefangenschaft. Es kam der Verdacht auf, dass er von den Japanern vergiftet worden sei. Fünf Wochen später brach die landesweite Unabhängigkeitsbewegung aus, eine der ersten öffentlichen Massendemonstrationen in Asien, die sich gegen die japanische Besatzung richteten.

Die Unterstützung durch die westlichen Mächte, auf die Kaiser Gojong gezählt hatte, als er das Machtzentrum nach Jeong-dong verlegte und sich auf internationale Diplomatie fokussierte, blieb letztendlich aus.

Die sanft gewundene Straße entlang der Steinmauern des Deoksu-gung strahlt inmitten der Stadthektik wohltuende Ruhe aus. Links ist die Mauer um den hinteren Hof des Palastes zu sehen, auf der rechten Seite liegt die Residenz des amerikanischen Botschafters.© Getty Images

Das Hinscheiden des Kaisers
Der inzwischen in „Deoksu-gung“ umbenannte Palast Gyeongun-gung, der seinen Herren verloren hatte und leer stand, erfuhr einen systematischen Abbau. Die japanische Regierung verkleinerte das Palastgelände radikal und ließ eine Vielzahl der Gebäude abreißen. Jungmyeong-jeon, wo Gojong residiert hatte, wurde als Gesellschaftsclub an Ausländer vermietet. Dondeok-jeon, das zum Empfang ausländischer Gäste gebaut worden war, wurde abgerissen und durch einen Vergnügungspark für Kinder ersetzt. In den 1930er Jahrenentfernte Japan viele weitere Gebäude, um Platz für einen öffentlichen Park zu schaffen. Nur Junghwa-jeon und Seokjo-jeon blieben verschont. Souveränität und Würde des Kaiserreichs Korea wurden auf diese Weise restlos zerstört. Als Japan Korea 1910 offiziell annektierte, endete damit auch die Jeongdong-Ära.

Jeong-dong ist heute zu einem Fleckchen gemütlich-beschaulicher Einsamkeit geworden, einem Refugium inmitten des Lärms und geschäftigen Treibens um das gegenüberliegende Seouler Rathaus. Die erhalten gebliebenen Palastbauten des kurzlebigen koreanischen Kaiserreiches ziehen Geschichts- und Architekturfans an. Jeongdong-gil, die schmale, gewundene Kopfsteinpflasterstraße, die von Gingkobäumen gesäumt entlang der Palastmauer verläuft, lädt die Fußgänger zu einem Abstecher in eine längst vergangene Epoche ein. 1999 ernannte die Stadt Seoul diese einst von Westlern und später von Hofbediensteten eines zum Untergang verdammten Reiches frequentierte Straße zur ersten „Schönen Straße zum Flanieren“.


Tapgol Park: Inkubator der Unabhängigkeitsbewegung vom 1. März

Vor hundert Jahren war Seouls erster öffentlicher Park eine Brutstätte politischen Widerstandes. Er wurde zum Sprungbrett für die koreanische Unabhängigkeitsbewegung vom 1. März, die eine Wende in Koreas Kampf um Souveränität und demokratischen Republikanismus brachte.

Ein Abschnitt des Trauerzugs von Kaiser Gojong, der am 21. Januar 1919 verschied. Das Gerücht, dass der Kaiser von japanischen Agenten vergiftet worden sei, entfachte die Unabhängigkeitsbewegung vom 1. März.

Ein Erinnerungsfoto des Militärorchesters des koreanischen Kaiserreiches, aufgenommen 1902 nach einer Vorführung im oktagonalen Pavillon im Tapgol Park. Erste Reihe Mitte: Franz Eckert (mit Filzhut).© Korea Creative Content Agency

Der im Zentrum von Seoul gelegene Tapgol Park wurde im späten 19. Jh. zur Bühne für unzufriedene Bürger. 1898 kam es unter Federführung der Vereinigung für Unabhängigkeit zu mehreren Bürgerversammlungen. Der Bewusstseinswandel nach den politisch-gesellschaftlichen Reformen (sog. Gabo-Reformen) hatte es möglich gemacht, dass jeder Bürger – einschließlich der Metzger, der in der traditionellen koreanischen Gesellschaft am stärksten geächteten Gruppe – vor dem Publikum sprechen durfte. Nachdem die Redner auf dem Podest ihre Beschwerden und Wünsche vorgebracht hatten, unterstrichen sie ihr inbrünstiges Verlangen nach Reformen, indem sie zum nahen Haupttor des Palastes Gyeongun-gung marschierten, um dort dem Kaiser ihre schriftlich formulierten Gesuche vorzubringen. All das nahm jedoch ein Ende, als Japan zwischen 1905 und 1910 Korea kolonialisierte und schließlich annektierte.

1919 erreichte der aufgestaute Widerstand gegen Japan, das Korea zu der Zeit mit besonders eiserner Faust unter Einsatz von Militär und Kolonialpolizei regierte, den Siedepunkt. Am 1. März wurde im Tapgol Park die koreanische Unabhängigkeitserklärung, an deren Zustandekommen nicht zuletzt die Studenten großen Anteil hatten, zum ersten Mal öffentlich verlesen. Es folgten landesweite Demonstrationen. Obwohl sie gewaltfrei waren, reagierte das japanische Militär mit Massenverhaftungen und Tötungen, die den Widerstand nach rund zwei Monaten brachen. Trotzdem hatte die Widerstandsbewegung den Samen für eine provisorische koreanische Regierung säen können und inspirierte Volksbewegungen in anderen asiatischen Kolonialländern.

Ein offener Raum für Bürger
König Gojong schwebte im Rahmen seiner seit 1896 durchgeführten Stadterneuerungspolitik die Anlage eines Bürgerparks vor. Um die Jahrhundertwende verwandelte sein nordirischer Finanzberater John McLeavy Brown das fast zwei Hektar große Gelände des ehemaligen Tempels Wongak-sa in Seouls ersten Park im westlichen Stil. Der von einfachen Privathäusern umgebene, kompakt angelegte Park wurde mit Blick auf die 10-stöckige Steinpagode des Tempels, die als Nationalschatz Nr. 2 bis heute im Park steht, Pagoda-Park genannt. 1992 erfolgte die Umbenennung in „Tapgol Park“. „Tapgol“ bedeutet „Dorf mit einer Pagode“.

Zur Feier seines 40. Thronjubiläums ließ Gojong 1902 dort einen oktagonalen Pavillon errichten. Im Tapgol Park fand das erste öffentliche Konzert eines Orchesters westlichen Stils statt. Mit der Zusammenstellung des Orchesters wurde der deutsche Komponist Franz Eckert (1852-1916) beauftragt, der zuvor in Japan mit ähnlichen Aufgaben betraut gewesen war. Eckert kam Anfang 1901 nach Seoul, wo er ausgewählte Mitglieder der Hofkapelle in westlicher Musik weiterbildete. Sie führten für die Ausländer regelmäßig westliche Musik im Park auf.

Im darauf folgenden Jahr präsentierte Eckert die Nationalhymne des Kaiserreichs Korea. Diese auf Tonleiter und Rhythmus der westlichen Musik basierende Hymne mit ihrem Text im typisch koreanischen lyrischen Stil wurde am 9. September 1902 anlässlich der Geburtstagsfeier von Kaiser Gojong erstaufgeführt. Die Nationalhymne wurde an Nationalfeiertagen, bei offiziellen Hofveranstaltungen sowie in Schulen gesungen und stärkte zusammen mit der Nationalflagge Taegeukgi den Patriotismus in der Bevölkerung. Für seine Bemühungen wurde Eckert mit dem Taegeuk-Orden 3. Klasse ausgezeichnet. Nach seinem Tod im Jahr 1916 wurde er auf dem Yanghwajin-Ausländerfriedhof in Seoul beigesetzt.

Der Inhalt der Nationalhymne lässt sich wie folgt zusammenfassen: „Möge Gott Kaiser und Herrscherhaus ewig schützen und helfen, seinen Ruhm in alle Welt zu tragen.“ Nach der Annexion Koreas durch Japan 1910 wurde die Nationalhymne verboten und durch die 1880 ebenfalls von Eckert komponierte japanische Nationalhymne ersetzt. Die koreanische Nationalhymne wurde von den Unabhängigkeitskämpfern, die in Hawaii, China und Russland Zuflucht gesucht hatten, weiterhin gesungen, wenn auch mit leichten Abwandlungen in Text und Melodie.

Die von 33 Repräsentanten des koreanischen Volkes unterzeichnete Unabhängigkeitserklärung wurde am Mittag des 1. März 1919 im Tapgol Park verlesen. Es folgten landesweite Proteste gegen die japanischen Besatzer. © Independence Hall of Korea

Präludium zur Beisetzung des Kaisers
Am 21. Januar 1919 verschied Kaiser Gojong plötzlich im Alter von 67 Jahren. Nach seiner von Japan erzwungenen Abdankung war er von der japanischen Kolonialregierung im Palast Deoksu-gung (früher: Gyeongun-gung) gefangen gehalten worden. Als Folge seines überraschenden Ablebens kam in der Hauptstadt das Gerücht auf, dass er von den Japanern vergiftet worden sei, was bald allgemein angenommen wurde. Trauernde aus dem ganzen Land kamen nach Seoul, um an der für den 3. März geplanten Beisetzung teilzunehmen.

Am 1. März, als der Transport der Bahre geprobt wurde, stellte sich Han Wi-geon, ein Student der Gyeongseong Medizinischen Hochschule, an den Pavillon des Tapgol Parks und verlas als Vertreter der Studentenschaft die Unabhängigkeitserklärung. Tausende Studenten und Schüler aus öffentlichen und privaten Schulen gingen auf die Straße, um gegen die Japaner zu demonstrieren. Die Trauernden, die sich vor dem Haupttor des Deoksu-gung versammelt hatten, schlossen sich den Demonstranten an und riefen „Daehan Dongnip Manse!“: Es lebe die Unabhängigkeit Koreas!

So begann die landesweite Bewegung des 1. März (Samil Undong), der größte und heftigste Widerstand gegen die japanischen Besatzer. Durch die Beteiligung von Schülern, Studenten und Bürgern wurde die Bewegung vom 1. März, die anfänglich hauptsächlich von Intellektuellen wie im Exil lebenden koreanischen Aktivisten, Studenten im Ausland und Vertretern der Religionsgemeinschaften organisiert und angeführt wurde, zu einer öffentlichen Volksbewegung.

Damit wurde ein weiteres Kapitel der modernen koreanischen Geschichte im Tapgol Park geschrieben. Einfache Bürger, die das Joch der Klassengesellschaft abgelegt hatten und erste Schritte in der Entwicklung hin zu modernen Bürgern wagten, kamen hier zusammen, um gegen die japanische Kolonialherrschaft zu protestieren und die Unabhängigkeit ihres Landes zu fordern. Als Resultat wurde im April 1919 in Shanghai die Provisorische Regierung der Republik Korea gegründet. Sie verkündete eine auf demokratischen Republikanismus gestützte Verfassung, die zum Eckstein für die 1948 ausgerufene Republik Korea werden sollte.



Gunsan und Modernisierung unterKolonialherrschaft

Während der japanischen Kolonialherrschaft nutzte die japanische Regierung den Hafen Gunsan, um den Reis aus der Honam-Region (Gwangju und die Provinzen Jeollanam-do, Jeollabuk-do), nach Japan zu schiffen. So wurde die Stadt Gunsan zum Schauplatz wirtschaftlicher Ausbeutung durch Japan, aber paradoxerweise zugleich zum Symbol der Modernisierung.

Gunsan war damals eine natürliche Wahl für die Reisausfuhr. Der Hafen liegt am Fluss Geum-gang, ein Stück stromaufwärts von seiner Mündung ins Westmeer. Fruchtbare Felder erstrecken sich entlang des malerischen Flusslaufes. Der Export von koreanischem Reis nach Japan begann in der Joseon-Zeit mit dem Vertrag von Ganghwa-do (1876), dem ersten einer Reihe ungleicher Verträge, zu deren Unterzeichnung Korea gezwungen wurde. Der Vertrag ermöglichte die unbegrenzte Ausfuhr von Reis und Getreide sowie zollfreien Handel. Die koreanische Regierung, die die Ernsthaftigkeit der dadurch verursachten Probleme zu spät erkannte, konnte sich zwar durch ein zusätzliches Handelsabkommen das Recht sichern, den Getreideexport unter bestimmten Bedingungen zu verbieten, doch Japan beschwerte sich jedes Mal darüber und forderte Entschädigung.

Während der mehr als 30 Jahre nach der Öffnung des Hafens bis hin zum Beginn der japanischen Kolonialherrschaft bestand der Großteil des bilateralen Handels aus koreanischem Reis und japanischen Baumwollstoffen. Die meisten der maschinengefertigten Stoffe, die in den Fabriken in den neuen Industriegebieten Japans hergestellt wurden, wurden nach Korea ausgeführt. Mit dem aus Korea „exportierten“ Reis wurden die Arbeiter in diesen Fabriken zu niedrigen Preisen versorgt.

Ein 1926 anlässlich des Baubeginns der dritten Hafenanlage errichteter Turm aus 800 Sack Reis. Das Projekt, in dessen Rahmen drei Getreidespeicher mit einem Fassungsvermögen von 250.000 Sack Reis gebaut wurden, wurde 1933 abgeschlossen. © Gunsan Modern History Museum

Plünderung der Reiskammer
Unter dieser Handelsstruktur degenerierte Korea zur Kornkammer Japans und zum Absatzmarkt für Investitionsgüter. Die Folge waren ein chronischer Nahrungsmittelmangel und ein starker Reispreis-Anstieg. Die Bauern, die gezwungen waren, den noch unreifen Reis in der mageren Zeit im Frühling zu Schleuderpreisen zu verkaufen, standen in der Erntezeit im Herbst vor leeren Reiskammern. Die Leiden der Armen wie der Bauern oder der städtischen Kleinhändler verschlimmerten sich durch die galoppierende Inflation. Der Donghak-Bauernaufstand, der 1894 in der Honam-Region ausbrach und sich landesweit ausbreitete, war teilweise auch auf Japans Plünderung der Reisbestände und den wirtschaftlichen Ruin der Bauern nach der Zwangsöffnung der Häfen zurückzuführen. Die Bauern forderten, ausländische Händler nicht länger nach eigenem Belieben ins Land kommen und Handel treiben zu lassen.

In der Hoffnung auf höhere Zolleinnahmen öffnete das Kaiserreich Korea 1899 den Hafen der Stadt Gunsan. In Gunsan gab es bereits zur Joseon-Zeit einen Speicher für Getreide-Abgaben und der Hafen diente im Zuge der von der Regierung verfolgten Ziele der Industrialisierung zur Erlangung wirtschaftlicher Prosperität und des Aufbaus eines starken Militärs als Verschiffungszentrum für Getreide aus Honam.

Nach der Öffnung des Hafens florierten in Gunsan eine Weile Kommissionsgeschäfte und Handelsunternehmen. Die koreanische Regierung räumte einigen Händlern wie den Kommissionären Sonderhandelsrechte ein. Diese wiederum zahlten im Gegenzug für die Begünstigungen, die ihnen ermöglichten, sich zu modernen Kooperativen und Handelsunternehmen zu entwickeln, Steuern an den Hof.

Als jedoch nach dem Russisch-Japanischen Krieg (1904-1905) Japans ausbeuterische Absichten noch unverhohlener wurden, hatte die Modernisierungspolitik des koreanischen Kaiserreichs ein Ende. Mit der Einrichtung des Amtes des japanischen Generalresidenten strömten die Japaner auf die koreanische Halbinsel. Die koreanischen Kommissionäre und andere Händler in Gunsan schlossen sich zwar zu Kooperativen zusammen oder eröffneten Firmen, um den japanischen Händlern entgegenzutreten, waren aber den Japanern finanziell nicht gewachsen. Nach der Annexion Koreas durch Japan kam das Kommissionsgeschäft unter die Kontrolle des Amtes des japanischen Generalgouverneurs, der koreanische Handelsunternehmen in Gunsan verbot.

In der Folge fielen die meisten der im Hinterland des Gunsaner Hafens gelegenen Anbauflächen an den Flüssen Geum-gang, Mangyeong-gang und Dongjin-gang in die Hände der Japaner. Der von ihnen produzierte Reis wurde zur Ausfuhr nach Japan zum Seeumschlagplatz Gunsan gebracht. Laut der Statistik des Amtes des japanischen Generalgouverneurs wurden 1914 40,2 % des gesamten koreanischen Reisexports über Gunsan verschifft, gefolgt von Busan mit 33,5 % und Incheon mit 14,7 %.

Eine Zeitlang befanden sich 80 % des gesamten Areals von Gunsan in japanischer Hand. Die vielen landwirtschaftlichen Betriebe im Besitz der Japaner wurden stark von Großunternehmen wie Fujimoto, Okura und Mitsubishi finanziert. Sie zielten darauf ab, Profite zu machen, während die Arbeit von den koreanischen Pachtbauern erledigt wurde.

Diese Aufnahme aus den 1910er Jahren zeigt Arbeiter beim Reistransport vor der Verschiffung der Ladung nach Japan. Japan beutete die koreanischen Arbeiter aus und plünderte die Reisvorräte des Landes, indem es die koreani- schen Pächter die Pacht in Form von Ernteanteilen zahlen (Sharecropping) ließ. Der 1899 eröffnete Hafen Gunsan war der Hauptverschiffungshafen für Reis aus der Honam-Region.© Gunsan Modern History Museum

Im alten Stadtzentrum von Gunsan, wo in der Kolonialzeit an die 10.000 Japaner lebten, sind bis heute über 100 Häuser im japanischen Stil erhalten. Viele wurden in Cafés oder Touristenunterkünfte verwandelt. Die Häuser sind als Filmkulissen beliebt. © yeomirang

Spuren der Modernisierung
Andererseits wurde Gunsan aber auch zu einem Symbol der Modernisierung. Für einen effektiven und zügigen Reistransport wurde bereits früh ein modernes Verkehrsnetz aufgebaut. Koreas erste Asphaltstraße, die Gunsan mit Jeonju verband, wurde 1908 angelegt, 1912 entstand eine Eisenbahnverbindung zwischen Iksan und dem Hafen Gunsan. Entlang dieser Strecke wurde an den wichtigsten japanischen Bauernhöfen eine Bahnstation errichtet, um den Reis leicht per Eisenbahn zum Hafen transportieren zu können. Mit Blick auf die großen Gezeitenunterschiede an der Westmeerküste wurde am Gunsaner Hafen zudem ein schwimmender Hafendamm angelegt. In der Umgebung des Hafens öffneten Reispolierfabriken, die den koreanischen Reis nach dem Geschmack der Japaner weiß schliffen, auch Brauereien entstanden.

Bis heute sind viele historische Entwicklungsspuren aus der Kolonialzeit erhalten, sodass die ganze Stadt Gunsan ein Freilichtmuseum der modernen Geschichte ist. Dazu gehören z.B. einst von Japanern bewohnte herrschaftliche Häuser, der japanische Tempel Dongguk-sa sowie das Gebäude der damals von Japan betriebenen Joseon Bank und der 18. Bank. Während der japanischen Kolonialherrschaft öffnete zudem ein Kino mit Tatami-Fußboden, wo auch Theaterstücke aufgeführt wurden. Die berühmte koreanische Bäckerei Lee Sung Dang, vor der die Leute heute Schlange stehen, wurde 1945 eröffnet. Ursprünglich war in diesem Gebäude die Bäckerei Izumoya untergebracht, die seit den frühen 1910er Jahren von einer japanischen Familie betrieben wurde. Es heißt, dass die Spezialität von Lee Sung Dang, ein Teilchen mit einer Füllung aus roten Bohnen, von einer ähnlichen japanischen Teilchenart beeinflusst worden sein soll.

Suh Young-heeProfessorin für Moderne Geschichte Koreas, Korea Polytechnic University

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