In der Einsiedelei bereiten die buddhistischen Nonnen eine Mahlzeit aus Reis und Beilagen mit frischen Kräutern von den angrenzenden Hügeln zu. Yunpil-am, eine Einsiedelei in Mungyeong, Provinz Gyeongsangnam-do, ist seit Langem für ihre bescheidenen, an Hausmannskost erinnernden Tempelgerichte bekannt. Im letzten Frühjahr hatte ich die Gelegenheit, dort mit einer Mahlzeit verwöhnt zu werden, die Labsal für Herz und Seele war.
Eine von den Nonnen der Einsiedelei Yunpil-am in Mungyeong, Provinz Gyeongsangbuk-do, zubereitete Mahlzeit. Sie besteht hauptsächlich aus gewürzten Wildkräutern und Gemüsen, darunter Beifuß, Wasserfenchel, Rapssamen und Hirteltäschelkraut aus den umliegenden Bergen oder vom örtlichen Markt.
Die Ehrwürdige Gonggok, die Äbtissin der Einsiedelei Yunpil-sa, pflückt Gomchwi (Jakobs-Greiskraut) in den Bergen hinter dem Tempel. Dieses für seinen durchdringenden Geruch und distinktives Aroma bekannte Wildgemüse kann roh oder in Sojasoße eingelegt genossen werden.
Jedes Jahr, wenn die Frühlingsblumen sprießen, lese ich Fahrradreisen, eine Sammlung von Reiseberichten des Schriftstellers Kim Hoon. Ich habe es schon so oft gelesen, dass sich manche Sätze quasi wie eine Landschaft voller Blumen vor dem Fenster lesen. Passagen wie „Magnolienblüten brechen wie angezündete Laternen auf.“ und „Kamelienblüten fallen auf der Höhe ihrer Pracht so plötzlich wie das alte Königreich Baekje“ sind nicht länger gedruckte Wörter, sonden fühlen sich wie Teile meines Körpers an.
Daher war es nur natürlich, dass mir, als ich die blühenden Blumen in der Klause Yunpil-am bewunderte, ein Satz aus diesem Buch in den Sinn kam: „Kornelkirschblüten blühen wie eine flimmernde Luftspiegelung.“ Das passiert immer, wenn ich den Frühling in der Luft spüre. Mögen es nun Kornelkirschblüten, Kirschblüten oder Umeblüten sein: Sie alle erscheinen mir nicht wie echte Blüten, sondern wie die Tagträume eines Baums, der einen harten Winter überstanden hat Überall im Hof von Yunpil-am meldeten sich Frühlingsboten: Am Quartier der Nonnen blühten Umeblüten und daneben gelbe Amur-Adonisröschen und violette Asiatische Herzblattschalen.
Als ich die Tür des Meditationsraums öffnete, kochte eine Nonne gerade Tee und zerstieß Kaffeebohnen in einem Mörser. Der Kaffee schmeckte reicher und aromatischer als jeder andere, den ich bis dahin getrunken hatte. Auf meine Frage nach der Kaffeebohnensorte, meinte die Nonne, es sei nichts Besonderes. Erst nachdem ich den gesamten Brühprozess verfolgt hatte, ging mir das Geheimnis seines unverwechselbaren Geschmacks auf. Die Nonne gab eine großzügige Menge gemahlener Bohnen in den Filter, goss aber nur eine winzige Menge Wasser darauf. Da nur alle zwei oder drei Sekunden ein Tropfen in die Tasse fiel, dauerte es gut 30 Minuten, bis die Tasse voll war. Die Extraktionsmethode war ähnlich wie die für Holländischen Kaffee. Sie opferte gerne ihre Zeit, um Besuch mit einer ganz besonderen Tasse Kaffee zu verwöhnen.
Die Einsiedelei Yunpil-sa ist ein 1380 errichtetes Nonnenkloster am Fuße des Berges Sabul-sa. Die Halle rechts auf dem Bild ist Sabuljeon (Halle der Vier Buddhas). Es gibt dort keine Buddhastatue, weshalb sich die Nonnen während der Andachten in Richtung des Steinbuddhas auf dem Berg Sabul-san verbeugen, der durch ein großes Fenster zu sehen ist.
Emsige Geschäftigkeit in der Küche
„Wondu“ („Yuantou“ auf Chinesisch) bezeichnet den Mönch, der für den Gemüsegarten des Tempels zuständig ist und die Tempelküche mit Chilis, Lattichen, Gurken, Spinat, Sonnenblumen, Kürbissen und Mangold versorgt. Im Kapitel „Verschiedene kleinere Aufgaben“ des Chixiu Baizhang quinggui (Die Verwaltungsstruktur der Chan-Klöster in der späten Yuan-Zeit), einem buddhistischen Werk, das Klosterregeln beschreibt, steht: „Der Wondu soll Mühen und Anstrengungen nicht scheuen, sondern mit körperlichem Einsatz vorangehen. Er soll die Aussaatzeit nicht verpassen und die Felder bewässern, sodass in der Küche kein Mangel an Gemüsen entsteht.“
Die Nonne sagte mir: „Ich erledige alles auf bequeme und natürliche Art. Kompliziert und schwierig ist nicht mein Stil. Ich schlafe viel und halte mich nicht gerne an irgendwelche starren Regeln. Ich glaube nicht, dass in striktem Schweigen auf einem Kissen zu sitzen die einzige Form der Meditation ist. Es kann auch als geistige Übung angesehen werden, Reis zu kochen, Tee zu machen und sich so um die anderen zu kümmern. Alles, was ich in der Hoffnung tue, dass jeder, der mein Essen isst und meinen Tee trinkt, gesund bleibt und innere Ruhe findet, gehört zu meinen Askeseübungen.“ Die Nonne, deren buddhistischer Name Gonggok ist, war Bäuerin, Mutter und Köchin in einem.
Yunpil-am ist neben Gyeonseong-am des Tempels Sudeok-sa und Jijang-am auf dem Berg Odae-san eines der drei Hauptzentren des koreanischen Seon-Buddhismus (Zen-Buddhismus) für Bhikkhuni (Sanskrit: buddhistische Nonnen). Es ist ein Ort, der sich um Geist und Körper der Bhikkhuni kümmert, die sich Tag und Nacht dem Praktizieren der Übungen widmen.
In der von natürlichem Licht erhellten Küche der Einsiedelei, deren Wände mit von der Sonne gemalten Schatten geschmückt waren, herrschte den ganzen Tag lang reges Treiben. Zu jeder Mahlzeit müssen Unmengen Reis, Suppe und Beilagen für Dutzende von Leuten zubereitet werden. Um Buddhas Geburtstag gibt es noch mehr zu tun, da dann besonders viele Menschen die Einsiedelei besuchen. Die Küche war ein dynamischer Ort, erfüllt von den Geräuschen ständigen Schlagens, Zerkleinerns und Mischens. Die einzelnen Körbe waren randvoll mit wilden Frühlingskräutern wie Beifuß, Hirtentäschelkraut, Raps oder Asiatische Pestwurz, die entweder im Garten gepflückt oder auf dem örtlichen, alle fünf Tage stattfindenden Markt gekauft wurden. In einem großen Topf köchelte die Brühe für Nudeln.
Die Ehrwürdige Gonggok mischt zarte Beifußsprossen mit Reismehl, bevor die Mischung gedämpft wird. Beifuß-Reiskuchen ist eine beliebte Frühlingsdelikatesse
Man sagt, dass Beifußsuppe um den 20. März, wenn die Blätter noch klein und weich sind, am besten schmeckt. Aus den um diese Zeit gepflückten Blättern kocht die Nonne Beifußtee und aus dem, was übrigbleibt, macht sie Seifen. Nicht nur Beifuß, sondern auch alle anderen Wildpflanzen, die in den Bergen wachsen, sind großartige Zutaten. Aus Maulbeerblättern, Löwenzahn, Mandarinenschalen und den inneren, dünnen Schalen von Esskastanien kann Tee oder Seife hergestellt werden, sie können aber auch gegessen oder auf die Haut aufgetragen werden. Ich musste lächeln, als die Nonne mir erzählte, dass ihr einmal beim Anblick des hellen Mondes die Fußsohlen vor Neugier kitzelten, sodass sie losging, um festzustellen, ob schon einige Gurken reif waren; sie fand einen großen Haufen praller Gurken und pflückte gleich 200, um daraus Gurken-Kimchi zu machen. Ich fragte mich, was für ein Leben das ist, ein Leben, in dem das Licht des Mondes Gedanken an Gurken aufkommen lässt.
Die Nonne brauchte recht lange, um das Essen zuzubereiten. Das lag hauptsächlich daran, dass die Zubereitung der Nudeln, für die der handgemachte Mehlteig mit dem Nudelholz ausgerollt und mit einem Messer in lange, dünne Streifen geschnitten wurde, recht zeitaufwändig war. Als sie endlich mit dem Essen kam, war es schon weit nach Mittag und mir knurrte der Magen. Neben den Nudeln gab es Beifußreiskuchen, Hirtentäschelkraut und getrocknete Rettichblätter, die mit Sojasoße oder Sojabohnenpaste gewürzt waren. Der Sojabohnenpasteneintopf, der neben der Schale des mit Schwarzen Sojabohnen (Glycine max) oder mit kleinen Schwarzen Sojabohnen (Rhynchosia nulubilis) gekochten Reises stand, erinnerte mich an einen Satz aus Kim Hoons Buch: „Die Brühe des Sojabohnenpasteneintopfs, das Hirtentäschelkraut darin und die Person, die isst, befinden sich in einer ewigen Dreiecksbeziehung“. Aber in diesem Fall umarmt eine Seite die beiden anderen. Es ist also eine friedliche Dreiecksaffäre. Das ist vielleicht der Grund, warum Sojabohnenpasteneintopf oder -suppe bei Magenverstimmungen hilft.
Ich probierte den Rapssalat und die Beifuß-Pfannkuchen. Der knackige Rapssalat verlieh frische Frühlingsenergie. Der Teig für den Pfannkuchen wurde möglichst dünn ausgerollt, um den charakteristischen Kräutergeschmack voll zur Geltung zu bringen. Interessant war auch, dass zum Einrollen Wasserfenchel statt, wie allgemein üblich, Lattich oder Sesamblätter auf den Tisch kam. Ich hatte mitbekommen, wie die Nonne bemerkte „Ich muss den Banausen aus der Stadt mal zeigen, wie Wasserfenchel schmeckt“, weshalb ich annahm, dass Frühlings-Wasserfenchel quasi ein Heilmittel sein müsse. Ich nahm ein Blatt, legte ein Klümpchen Reis mit etwas Würzpaste darauf, rollte alles zusammen und steckte den Wickel in den Mund. Noch bevor ich kauen konnte, erfüllte das Aroma meine Mundhöhle. Die Beilage aus Walnüssen und Mandeln, die leicht in Sojasoße geröstet waren, schmeckte mehr wie ein Snack und ich musste mir einfach immer wieder davon nehmen. Ich aß von den eingelegten gelben Pflaumen. Bissfest und süß, regten sie meinen Appetit an.
Die Ehrwürdige Gonggok rollt einen dünnen Mehlteig aus, der mit einem Messer in lange, dünne Streifen geschnitten wird. Suppe mit handgemachten Nudeln ist eine besondere Dekilatesse für die Nonnen.
Geheimrezepte der Nonnen
Es gibt ein paar Geheimnisse, die mir die Chefköche verrieten, als ich noch als Reporterin über die Restaurantszene berichtete. Dazu gehört z.B., dass man heißes Essen heiß und kaltes Essen kalt servieren soll. Selbst Bordgerichte, die in einer Höhe von über 9.000 m kaum bzw. unmöglich gut schmecken können, sind genießbarer, wenn man sich an folgende Regel hält: „Salat wird kalt serviert, Brot warm und Kaffee heiß.“ Frisch gekochter warmer Reis, in einer Tonschüssel servierter, heißer Sojabohnenpasteneintopf, frische Gemüse, die kurz zuvor gewürzt wurden: In der Einsiedelei Yunpil-am mag die Vorbereitung der Zutaten zwar viel Zeit in Anspruch nehmen, dafür geht das Kochen schnell. Mit anderen Worten: Die Speisekarte fußt auf den Grundprinzipien des Kochens.
Doch die wesentlichen Zutaten für ein noch schmackhafteres Essen sind Zeit und Jahreszeit. Nach diesem Prinzip verleiht der lange Prozess des Reifens und Fermentierens Pasten und Kimchi einen tieferen Geschmack und Kaffee ein reicheres Aroma. Es macht daher Sinn, wenn die Ehrwürdige Gonggok sagt, dass nicht nur Sitzen und Meditieren, sondern auch der gesamte Prozess des Pflückens, Röstens und Fermentierens von Teeblättern als Teil der spirituellen Übungen verstanden werden könnte. Sie führte mich zum Fuß eines blühenden Ume-Baums und zeigte mir, woraus sich am besten Tee machen lässt. Es war eine noch nicht aufgeblühte Knospe. Für hochwertigen Tee sind also die Mitte März gepflückten Ume-Blüten am besten. Die geernteten Knospen werden mehrere Tage im Schatten getrocknet und die an der Knospe haftenden jungen Blätter einzeln entfernt, um den grasigen Geschmack zu beseitigen. Taucht man die Knospen einige Minuten in heißes Wasser, erhält man eine Tasse duftenden Umeblütentee.
Eine Mahlzeit in der Einsiedelei war eine Entdeckung sowohl der ursprünglichen Form der Zutaten als auch deren Grenzen. Es war eine ganz andere Erfahrung als das stumpfsinnige Essen zum reinen Stillen des Hungers. Und es war auch mehr als nur eine Besuchererfahrung: Es war ein „Erlebnis“, vergleichbar mit der Teilnahme an einem Ritual Angesichts der Speisen auf dem Tisch auszurufen „Wir essen ja den Frühling!“ wäre daher keine poetische Metapher, sondern im wahrsten Sinne des Wortes wahr.
Die Speisen verkörperten die Jahreszeit und die frische Energie des Frühlings, die nach Überstehen des harten und bitteren Winters hervorbricht und die Knospen sprießen lässt. In dem Moment war Essen nicht mehr nur Essen: Es war Balsam, der den Körper heilt.
Zufluchtsort für die Seele
Ich habe eine Vorliebe für Geschichten, die im Winter beginnen und im Frühling enden. Das könnte mit einer schmerzhaften Erinnerung an meine Jugend zusammenhängen. Als ich in Varanasi in Indien war, litt ich unter schwerem Durchfall. Es war der 22. Februar 2005, der Tag, an dem sich die Schauspielerin Lee Eun-ju umbrachte. Der Tod meiner Lieblingsschauspielerin machte mich total benommen. Verwirrt stand ich auf, sammelte meine letzten Kräfte, nahm eine Autorikscha und fuhr die etwa 10 km zu dem koreanischen Tempel Nogyawon in Sarnath. Ich, die ich von Geburt an Christin war, beschloss plötzlich, einen buddhistischen Tempel aufzusuchen, weil ich mich daran erinnerte, dass ein Reisender gesagt hatte, es gebe dort koreanische Hausmannskost. Bar jeden Schamgefühls verschlang ich Sojabohnenpastensuppe und Kimchi geradezu. Es mag zwar jetzt banal klingen, wenn ich sage, dass mir diese Mahlzeit die Kraft zum Leben schenkte, aber dank der herzhaften Speisen konnte ich die Reise ins an der Wüste Thar gelegene Jaipur machen. Dort erfuhr ich mit allen Sinnen die wahre Heilkraft des Essens.
Manchmal wünsche ich mir, dass ich nicht die lauten Stimmen in meinem Kopf, sondern das, was mein Körper mir sagt, was mein Magen, meine Nase oder meine Zunge mir erzählt, in Erinnerung behalten könnte: „der Magen knurrt“, „der kochende Reis duftet verführerisch“, „die Reiskörner schmecken wohlig süß“ usw.
Als ich eines Tages mit verquollenen Augen beim Essen saß, wurde mir klar, dass „Heimat“ wohl nicht unbedingt nur mit einer bestimmten Örtlichkeit verbunden sein muss, genauso wie „Hunger“ nicht immer mit dem rein physischen Bedürfnis nach Nahrung verbunden ist. Bei einem Reiskorn, das umso süßer schmeckt, je mehr man es kaut, und bei einer Schüssel Hirtentäschelsuppe auf Sojabohnenpastenbasis kann man die Heimat fühlen. Die Ehrwürdige Gonggok sagte lächelnd: „Die Berge sind unsere Tempelgärten.“
Hier und da blühten Blumen in der Einsiedelei. Überall in den Bergen und an den Bächen wuchsen wilde Kräuter. Wir alle brauchen eine Heimat, in die wir jederzeit zurückkehren können, einen sicheren Zufluchtsort für unsere müden Seelen. Yunpil-am wird in meinem Herzen immer ein solcher Ort sein.
Hausmannskost wie bei Muttern
Das Restaurant könnte aus Haruki Murakamis Reiseberichten Henkyo Kinkyo (Entfernte Regionen, nahe Regionen) stammen. Es ist so ein Restaurant, in dem der Besitzer auf den Kommentar „Herr Ober! Dem Gericht fehlen Frühlingszwiebeln.“ antworten würde: „Hinten im Garten gibt es jede Menge. Pflücken Sie so viele, wie Sie essen möchten.“ Es befindet sich in einem so abgelegenen Dorf in Yeoju, Provinz Gyeonggi-do, dass niemand hier ein Restaurant erwarten würde. Das Geolgujaengine, das schon seit 25 Jahren Tempelessen serviert, wird jedoch von neun Uhr morgens bis neun Uhr abends von vielen Gästen besucht.
Eine hauptsächlich aus angemachten Gemüsen der Saison bestehende Mahlzeit im Geolgujaengine [Geol-gu-jaeng-i-ne], einem auf Tempelküche spezialisierten Restaurant in Yeoju, Provinz Gyeonggi-do. Die ohne künstliche Aromastoffe zubereiteten Speisen sind bei vielen wegen ihres frischen, natürlichen Geschmacks beliebt.
Ein Pfannküchlein, das in diesem Restaurant als Appetizer serviert wird. Für dieses an Crêpes erinnernde Gericht werden gehackte Gemüse der Saison in dünne, aus Ahornmehl hergestellte Teigfladen eingerollt, in Öl gebraten und in mundgerechte Portionen zerteilt.
„Unser Fokus liegt nicht unbedingt auf Tempelspeisen, sondern auf gesunden Gerichten nach Hausmacherart“, sagte der Besitzer. Dabei gehört es zu den Grundregeln die „Fünf scharfen Gemüsesorten“ (Knoblauch, Jungzwiebeln, Koreanischer Wildlauch, Rakkyo, Asant) nicht zu verwenden und auch künstliche Geschmacksverstärker sind tabu. Außerdem enthält der vegetarische Speiseplan weder Fleisch noch Fisch.
Da das Restaurant nur saisonale und regionale Zutaten verwendet, ist der natürliche Eigengeschmack noch intensiver zu spüren. Wenn man langsam kaut und jeden einzelnen Bissen genießt, fühlt man sich schon bald angenehm gesättigt, obwohl man nicht so besonders viel gegessen hat.
Das Essen wird in zwei Gängen serviert. Der erste Gang besteht aus gedämpftem Tofu, Salat und kalten Kimchi-Nudeln mit dünnen Lotuswurzelscheiben, der zweite umfasst eine Palette saisonaler, gewürzter Gemüsebeilagen sowie Gondeure-Namul-Bap (Reis gemischt mit Gondeure-Bergdisteln) mit Chinakohl-Sojabohnenpastensuppe. Nichts Spektakuläres also, sondern Seoulfood wie die von der Mutter mit liebevoller Sorgfalt selbst zubereiteten Speisen. Der Gondeure-Namul-Bap ist eine Delikatesse, der auch ohne die servierten Beilagen schon einen Besuch des Restaurants wert wäre und der als Dessert servierte Chrysanthementee duftet ebenfalls angenehm. Der Besitzer stellt das ganze Jahr über mehrere Teesorten her und serviert jeweils den, der am besten zum Geschmack der Jahreszeit passt.
Nachdem das Restaurant 2012 in einer TV-Show vorgestellt worden war, setzte ein wahrer Besucherboom ein und ein Bekannter schlug vor, ein zweites Restaurant in Seoul zu eröffnen. Es schloss jedoch nach einem Jahr aufgrund steigenden Kosten für die Zutaten und der Schwierigkeiten, frische Qualitätsprodukte zu erhalten. Das Restaurant serviert ein großartiges Tempelessen zu einem erschwinglichen Preis. Egal ob Mittag- oder Abendessen: eine Mahlzeit kostet 15.000 Won (rd. 11 €) pro Person. Da das Restaurant von Seoul aus innerhalb einer Fahrtstunde zu erreichen ist, empfiehlt sich ein Abstecher zum nahe gelegenen historischen Tempel Silleuk-sa.
Tempelküche vom Feinsten
Das in der Seouler Innenstadt gegenüber dem Tempel Jogye-sa gelegene „Balwoo Gongyang“ wurde 2017 als erstes Tempelküche-Restaurant in Asien mit einem Michelin-Stern ausgezeichnet, einen Status, den es jetzt schon drei Jahre in Folge aufrechterhält. Mehr als 35 % der Gäste kommen aus Europa, Nord- und Südamerika, China, Hongkong und Taiwan. Ohne vorherige Reservierung ist es oft schwierig, zur Mittagszeit einen Tisch zu bekommen.
Eingelegte Lotuswurzeln, marinierte gegrillte Klettwurzeln, frittierte Pilze in Chilisoße und Mungobohnen-Pfannkuchen (im Uhrzeigersinn von oben links).
Diese Appetithäppchen haben einen leichten und sauberen Geschmack. Sie sind Bestandteil eines Menüs, das im Balwoo Gongyang, einem auf Tempelküche spezialisierten Restaurant des koreanischen Jogye-Ordens gegenüber dem Jogye-Tempel in der Seouler Innenstadt, serviert wird.
Das moderne Interieur des Balwoo Gongyang, einem mit einem Michelin-Stern ausgezeichneten Restaurant, das verschiedene Wahlmenüs anbietet.© Balwoo Gongyang
Das Restaurant bietet fünf Menüs an: Seon (Meditation: 30.000 Won; rd. 23 €), das nur zu Mittag serviert wird, Won (Gelübde: 45.000 Won, rd. 34 €), Maeum (Herz: 65.000 Won, rd. 49 €), Hee (Freude: 95.000 Won, rd. 71 €) und Beop (Dharma 150.000 Won, rd. 112 €). Die Preise sind ziemlich heftig, aber jedes Menü wird mit einer detaillierten Erklärung zu Zutaten, Zubereitung und Tischsitten serviert.
Die aus dem harten Holz des Gingkobaums gefertigte, neunfach lackierte Baru (hölzerne Schüssel für das Tempelmahl) verleiht den Speisen etwas Edel-Würdevolles. Einige der Zutaten wie Sojasoße, Sojabohnenpaste, Brauner Reisessig, Kaktusfeigen und Tofu werden im Tempel Tongdo-sa, einem UNESCO-Weltkulturerbe in Yangsan, Provinz Gyeongsangnam-do, hergestellt.
Höhepunkte des Won-Menüs sind die kalten Buchweizennudeln mit Shiitake-Pilzen und pürierter Koreanischer Birne sowie die Maultaschen mit verschiedenen Bergkräutern, Gemüsesorten und Nüssen. Die Spezialität des Hauses ist Modeum Beoseot-gangjeong, frittierte Pilze, die mit Getreide-Sirup und drei Jahre gereifter Chilipaste zubereitet werden. Sie sind sowohl scharf als auch süß und von einer fleischigen Textur, die selbst Fleischliebhaber anspricht. Die verschiedenen, ohne Knoblauch eingelegten Kimchisorten haben einen erfrischenden Endgeschmack und sind knackig bissfest.
Das Restaurant verwendet zudem seltene und einzigartige Zutaten wie Chinesischen Beifuß, Kumquat, Wiesen-Kerbel oder Knollen-Ziest, die nur zu bestimmten Jahreszeiten bzw. in ausgewählten Regionen wie z.B. der Insel Ulleung-do heimisch sind.
Im ersten Stock des Gebäudes befindet sich das Korean Temple Food Center, in dem Kochkurse für Tempelessen stattfinden. Die Teilnehmer, die von Mönchen unterrichtet werden, können nicht nur etwas über die verschiedenen Zutaten und traditionelle Zubereitungsmethoden lernen, sondern auch über die Wurzeln der 1.700 Jahre alten koreanischen Tempelküche und Achtsamkeit in Bezug auf das Essen.