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2019 SPRING

Zombies à la Korea

Bedenkt man, dass die meisten koreanischen Kinobesucher realistische Themen bevorzugen, dann erscheint das zunehmende Interesse der Filmproduzenten an Zombie-Contents eher überraschend. Es wäre noch verfrüht, Zombie-Filme als eigenes Genre des koreanischen Films anzuerkennen, aber manche ausländische Produzenten sind bereits auf koreanische Produktionen mit ihrer unkonventionellen Art der Interpretation und Darstellung von Zombies aufmerksam geworden.

Bis vor kurzem noch werteten koreanische Filmliebhaber Zombie-Streifen als B-Movies für die kleine Schicht von Fans apokalyptischer Schreckensszenarien. Ein einschlägiges Beispiel dafür ist I Am Legend (2007), ein postapokalyptischer US-Horrostreifen über einen Wissenschaftler, der versucht, eine durch ein mutiertes Virus verursachte Seuche, die aus Menschen Kannibalen macht, einzudämmen. In Korea lockte der Film nur 2,46 Mio. Zuschauer in die Kinos, viel weniger als in anderen Ländern. Mit 5,3 Mio. Besuchern schnitt der Zombie-Blockbuster World War Z (2013) zwar deutlich besser ab, war aber noch längst kein Kassenhit.

2016 kam dann Train to Busan in die Kinos, der die Einstellung des koreanischen Publikums gegenüber dem Zombie-Genre schlagartig veränderte. Mit rund 11,6 Mio. verkaufter Tickets rangierte der Film auf Platz 15 der populärsten Streifen in der koreanischen Filmgeschichte und eroberte die Kinos in ganz Asien. Der Reißer, mit dem quasi die Geburtsstunde des koreanischen Zombie-Films schlug, wurde zu einem Hit auf der Streaming-Plattform Netflix. Nach einem Bieterkrieg der Hollywood-Studios um die Filmrechte ist derzeit ein Remake in Vorbereitung.

Kingdom, eine südkoreanische TV-Serie, die im Januar 2019 auf Netflix Premiere hatte, war im Ausland beliebter als auf dem heimischen Markt. Die Fans im Ausland schienen von der schönen Szenerie des Joseon-Reichs mit seiner Kulisse aus Palästen und Festungen faszi-niert zu sein. © Netflix

Eine Interpretation der anderen Art

In Train to Busan verbreitet ein infizierter Passagier einen Zombie-Virus, was ein mörderisches Chaos entstehen lässt. Von Seoul bis zur Endstation Busan, Koreas zweitgrößter Stadt und der einzige noch virusfreie Ort, sitzen die Überlebenden in einer tödlichen Falle. Der Film erinnert an The Host, den Sci-Fi-Monsterthriller und Kassenschlager von 2006, sowie an Deranged (2012) und The Flu (2013), zwei Katastrophenfilme über außer Kontrolle geratene Epedemien. In allen drei Filmen reagieren die zuständigen Behörden nicht schnell und kompetent genug, um die Seuchen einzudämmen, sodass die Bürger schließlich die Dinge selbst in die Hand nehmen.

Was Train to Busan von den anderen Filmen abhebt und zum Hit machte, ist die Darstellung der Zombies als arme Kreaturen. Anfänglich erscheinen sie noch als unheimliche, mörderische Wesen, aber dann versucht der Film, um Empathie für die zu Zombies mutierten Passagiere zu werben, indem er sie als unschuldige Opfer des inkompetenten Führungsapparats darstellt. Gerade in diesem Punkt liegt die distinktive Originarität der „koreanischen Zombies“.

Train to Busan ist voller Bezüge zur modernen Geschichte Koreas. Der Film spielt in einem KTX-Hochgeschwindigkeitszug, der durch das Land rast und -an den Stationen zwischen Seoul und Busan, wo die Menschen bereits angesteckt sind, Halt macht. Der KTX steht für „Speed Korea“ und damit für die hochgradige Industrialisierung des Landes in kürzester Zeit. Die im geschlossenen Raum des Zugs eingesperrten Zombies beschwören Bilder der Massenbewegungen bzw. Szenen aus der Massenkultur der jüngeren Vergangenheit herauf: die Bürger, die nach Demokratie rufend die Staßen und Plätze besetzten, die Anfeuerungstruppen der Fußball-WM 2002 Korea/Japan auf den Straßen und sogar die Sturmtruppen aus der Diktaturzeit, die die Demokratiebewegung niederschlugen.

Auch ausländische Filmemacher versuchten, Zombies aus einer neuen Perspektive zu interpretieren: R, der Zombie-Protagonist in Warm Bodies (2013), tut sein Möglichstes, um ein schönes Mädchen vor seinen Artgenossen zu schützen. Damit unterscheidet sich der Film vom Standardformat früherer Zombie-Filme, das seit George Romeros Die Nacht der lebenden Toten (1968) weitgehend unverändert beibehalten.

Rampant, das im Oktober 2018 in die koreanischen Kinos kam, brachte durch Verquickung mit Elementen von Historienserien ein neues Genre koreanischer Zombie-Filme auf den Weg. Der Film war jedoch kein Kassenschlager und auch die innovative Handlungslinie wurde nicht gewürdigt. © Next Entertainment World

Zombie: ein anderer Name für das hungrige Volk

Eine weitere Neuinterpretation ist der historische Actionfilm Rampant (2018), dessen Handlung vor der Kulisse des Korea der Joseon-Zeit spielt. In Rampant verbreiten sich die Zombies von einem im Hafen vor Anker liegenden fremdländischen Schiff bis in den Königspalast. Bald schon erscheinen überall in die traditionelle Tracht gekleidete Zombies. Der König ist unfähig, die Krise zu meistern, aber sein jüngster Sohn schlägt die Zombies mit genialen Kampfkunsttechniken zurück und besiegt die Ränke schmiedenden Hofbeamten.

Auffällig in Rampant ist v.a. der Kontrast zwischen der herrschenden Klasse und den einfachen Bürgern, aus denen Zombies geworden sind. Dahinter steht die Botschaft, dass das Reich nicht von den vom Hunger getriebenen Zombie-Eindringlingen bedroht wird, sondern von der maßlosen Gier der herrschenden Klasse. Damit wird „Zombie“ als Metapher für die hungernden Massen neu interpretiert.

Die Serie Kingdom, die im Januar 2019 über Netflix weltweit ausgestrahlt wurde, porträtiert Zombies ebenfalls als Hungernde. Episode eins und zwei wurden im November 2018 auf dem Netflix-Showcase See What’s Next: Asia in Singapur vorgestellt. Reed Hastings, Gründer und CEO von Netflix, kündigte – die zweite Staffel noch vor Freigabe der ersten an: „Ich bin mir sicher, dass diese koreanische Produktion auf der ganzen Welt gut ankommen wird.“ Netflix dürfte wohl deshalb in Kingdom investieren, weil die Fusionstil-Serie zu der von der Plattform verfolgten Strategie passt: Der Streaming-Gigant spricht das Publikum dadurch an, dass er universale Themen mit nationalen oder regionalen Besonderheiten würzt. Kingdom liefert Zombie-Contents, mit denen Zuschauer auf der ganzen Welt etwas anfangen können, bietet aber gleichzeitig eine originär koreanische Interpretation und Gefühle bezüglich der untoten Helden.

Jung Duk-hyunPopkulturkritiker

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