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2019 SPRING

Auf den Spuren König Jeongjos zur Festung Hwaseong

Die Festung Hwaseong, Inbegriff der Architektur der späten Joseon-Zeit, umschließt den alten Stadtkern von Suwon. Die Festung, die 1997 in die UNESCO-Weltkulturerbeliste aufgenommen wurde, zeugt von sorgfältiger Planung und akribischem Design, um Gedanken und Ideale von Jeongjo,des 22. Königs von Joseon (reg. 1776-1800), widerzuspiegeln, der den gesamten Bauprozess genauestens dokumentieren ließ.

Im Frühjahr 1795 war Hanyang, die Hauptstadt des Joseon-Reichs (das heutige Seoul), mit Besuchern aus dem ganzen Land überfüllt. Die überwältigende Nachfrage nach Unterkünften konnte auch durch die zeitweilige Aufhebung der nächtlichen Ausgangssperre und Errichtung provisorischer Zeltlager nicht gedeckt werden. Insbesondere die Händler freuten sich über den unerwarteten Ansturm. Die Besucher waren alle aus einem einzigen Grund gekommen: Sie wollten den königlichen Umzug sehen. Plakate, die die Regierung landesweit hatte aushängen lassen, informierten das gemeine Volk über die Reiseroute und gewährten die einmalige Gelegenheit eines Blicks auf den Herrscher. Den König zu sehen war wie ein Bad im göttlichen Lichterglanz. Die zu diesem Zweck aus der Ferne Angereisten wurden entsprechend „Gwangwang Minin“ genannt: Menschen, die gekommen sind, um das Licht zu sehen. „Gwangwang“ bedeutet heutzutage „Tourismus“.

Die kindliche Pietät des Königs

Gegen sieben Uhr früh am neunten Tag des zweiten Mondmonats im Jahr 1795 entbot König Jeongjo seiner Mutter, Lady Hyegyeong, am Eingang des Palastes Changdeok-gung den Morgengruß, bestieg sein Pferd und begleitete sie zur Hwaseong-Festung, wo sie vier Tage blieben. Anlass war der 60. Geburtstag von Lady Hyegyeong, der in der Festung gefeiert werden sollte, sowie der Besuch der in der Nähe gelegenen Grabstätte von Kronprinz Sado, des Vaters von König Jeongjo.

Es wurde an nichts gespart: So erstreckte sich der königliche Zug über die Gesamtlänge von einem Kilometer, sodass 5% der 20 km langen Strecke bereits allein durch die Aufstellung des Zuges zurückgelegt war. Trotzdem dauerte es zwei Tage, bis die sich schwerfällig bewegende Kolonne Suwon und damit die Hwaseong-Festung erreichte. Noch nie hatte es im Joseon-Reich ein derart prächtiges Spektakel gegeben! Selbst heutzutage noch erinnern sich viele Koreaner daran als eine unüberbietbare Demonstration der kindlichen Pietät eines königlischen Herrschers aus dem 18. Jahrhundert.

Jeongjo rückte im zarten Alter von elf Jahren in der Thronfolge vor, als sein Vater, der 27-jährige Kronprinz Sado, nach acht Tagen in einer Reistruhe, in die ihn dessen Vater, König Yeongjo, wegen angeblicher Blasphemie und Verrat eingeschlossen hatte, starb. Die Geschichtsschreibung legt nahe, dass der Kronprinz geistig krank war und den Palast terrorisierte. Es gab auch Gerüchte, dass er aufgrund von Streitigkeiten zwischen den politischen Fraktionen am Hof einem Komplott zum Opfer fiel.

Der junge Jeongjo, der von seinem Großvater zum Adoptivsohn seines Onkels Prinz Hyojang, dem früh verstorbenen Erstgeborenen, bestimmt wurde, lebte die folgenden 14 Jahre in der ständigen Furcht vor einem Attentat: „Ich habe so große Angst, als würde ich auf einem Nadelkissen sitzen, und meine Lage ist so prekär wie Eier, die eins auf das andere gehäuft sind“. Diejenigen, die seinen Argwohn erregt hatten, „laufen mit klappernden Schritten bar jeder Vorsicht oder Ehrfurcht herum“, bemerkte er. 1776 stand Jeongjo nach dem Tod seines Großvaters vor diesen Menschen und gab öffentlich bekannt, dass er der Sohn von Kronprinz Sado sei.

Das Grab dieses vom Unglück verfolgten Kronprinzen liegt auf dem Berg Hwa-san (Blumenberg), rund 10km südlich des Berges Paldal-san. Passend zum Bergnamen ist das Grab reich geschmückt mit zwölf in Lotusknospenform gehauenen Steinen. Das Gelände, einst Sitz des Bezirksamtes von Suwon, galt seit Jahrhunderten als geomantisch gesegnete letzte Ruhestätte für Mitglieder des Herrscherhauses.

1789 verlegte König Jeongjo die Bezirksverwaltung von Suwon an ihren heutigen Standort und das Grab seines Vaters im Kreis Yangju, nördlich von Hanyang, zum Berg Hwa-san. Dann nannte er die Grabstätte in „Hyeollyungwon“ um: Garten der reichlichen Vergeltung der Gnade des verstorbenen Vaters. Ganz in der Nähe ließ er als Bitte für das ewige Seelenheil seines Vaters einen Tempel erbauen. So kam es, dass Lady Hyegyeong ihrem Mann 33 Jahre nach seinem Tod erstmals in gebührender Form ihre Ehre erweisen konnte.

Hwaseong Neunghaengdo (Zug zum Grabmal von Kronprinz Sado in der Festung Hwaseong) von Kim Deuk-sin et al. c. 1795. Tinte und Farbe auf Seide; jedes Element: 151,5 × 66,4 cm.
Der Paravent dokumentiert König Jeongjos Zug zur Festung Hwaseong im Jahr 1795. Anlass war der Besuch der in der Nähe gelegenen Grabstätte seines Vaters, Kronprinz Sado, und der 60. Geburtstag seiner Mutter, Lady Hyegyeong. Der achtteilige Paravent stellt Szenen der achttägigen Reise dar. Die wahrscheinlich von mehreren Künstlern des Königlichen Amtes für Malerei gefertigten, akribischen und in edlen Farbtönen gehaltenen Abbildungen sind Inbegriff der Hofmalerei und ein hervorragendes Beispiel für dokumentierende Malerei.© National Palace Museum of Korea

Erinnerung an zwei Jahrhunderte

Ein königlicher Zug war ein feierliches und politisch bedeutendes Event, das häufig von den vormodernen Herrscherhäusern in Nordostasien veranstaltet wurde. Der Zug König Jeongjos zur Festung Hwaseong sprengte jedoch jeden bis dahin üblichen Rahmen: Er war der größte seiner Art seit der Gründung des Joseon-Reiches im Jahre 1392 und verschlang das größte Budget. Für die achttägige Reise mobilisierte der Palast 6.000 Menschen und 1.400 Pferde und stellte 100.000. Nyang zur Verfügung (heute rd. 5,4 Mio. €). Rund 120 Handwerker arbeiteten an der Sänfte für Lady Hyegyeong. Sie kostete 2.785 Nyang (heute rd. 155.000 €), ein Betrag, für den man heutzutage in Korea zwei Luxuslimousinen erstehen könnte.

Diese Detailinformationen sind den minutiösen Aufzeichnungen, die damals gemacht wurden, zu verdanken. Dazu gehört das Wonhaeng Eulmyo Jeongni Uigwe (Hofprotokoll über König Jeongjos Reise zum Grab von Kronprinz Sado im Jahr Eulmyo), ein achtbändige Werk, das das Großereignis von der Planungsphase an minutiös dokumentiert. Einmalig sind dabei die 63 Banchado-Illustrationen, auf denen alle Teilnehmer und ihr jeweiliger Platz im Zug zu sehen sind. Kim Hong-do (1745-1806), ein berühmter Genremaler und Hofkünstler, versammelte die talentiertesten Künstler im Lande, um diese Kunstwerke herzustellen. Die Illustrationen sind daher sowohl von hohem dokumentarischen als auch künstlerischem Wert.

Eine weitere Darstellung von König Jeongjos Zug zum Grabmal seines Vaters in Hwaseong (Hwaseong Neunghaengdo) findet sich auf einem achtwandigen Paravent, der ein Jahr nach dem Grabbesuch angefertigt wurde, und neben den Glanzpunkten des Zugs auch eine Detailansicht der fertiggestellten Festung präsentiert. Hier und da sind einige lebendige Szenen zu sehen, darunter Soldaten, die die Menschenmenge unter Kontrolle zu bringen versuchen, Gruppen junger Gelehrter, die zum Zuschauen gekommen sind, Männer, die versuchen, Streitereien zu schlichten, und Straßenhändler, die sich durch die Menge schlängeln, um Yeot (Toffee auf Getreidebasis) und Reiskuchen zu verkaufen.

Als 1993 der Roman Das ewige Reich von Yi In-hwa herauskam, begannen viele, sich an die Zeit vor 200 Jahren zurückzuerinnern. Der Roman, der davon ausgeht, dass Jeongjo durch Vergiftung zu Tode kam, wurde zum Bestseller, schon bald folgte ein Film mit gleichnamigem Titel. Anlässlich der Aufnahme der Hwaseong-Festung in die UNESCO-Weltkulturerbeliste erschien eine kommentierte Sammlung der vom König hinterlassenen Aufzeichnungen. Die ursprünglich schwarz-weißen Holzschnitt-Illustrationen des königlichen Zugs wurden koloriert und als hochwertige Kulturprodukte neu veröffentlicht. All das trug dazu bei, dass König Jeongjo seinen Ruf als reformerischer Monarch, der die Renaissance von Joseon eingeleitet hatte, wiedererlangen konnte.

Yungneung, in Hwaseong in der Provinz Gyeonggi-do gelegen, ist das gemeinsame Grabmal der Eltern von König Jeongjo: Kronprinz Sado (1735–1762) und Lady Hyegyeong (1735–1816).

Pontonbrücke für den König

Es war nicht das erste Mal, dass Jeongjo zur Grabstätte seines Vaters pilgerte. Nach der Verlegung besuchte er das Grab jedes Jahr, 1795 also zum sechsten Mal. Dahinter standen tiefgreifendere Überlegungen: Da für jeden Zug zahlreiche Soldaten mobilisiert wurden, bot sich automatisch die Gelegenheit, deren Wehrtüchtigkeit zu überprüfen und das Verteidigungssystem der Hauptstadt zu inspizieren. Außerdem erforderte die Massenmobilisierung die Anlage neuer Straßen und Brücken, wodurch das Transportnetzwerk des Königreichs erweitert wurde. Der König nutzte also den Zug zum Grab seines Vaters zur Demonstration seiner kindlichen Pietät und zur Bestätigung und Stärkung der politischen Macht des Herrschers.

Eins der heikelsten Probleme bei dem Pilgerzug war die Überquerung des Han-Flusses. Der König konnte entweder mit einem Boot übersetzen oder zu Fuß über eine Pontonbrücke gehen. Schließlich entschied er sich für die Pontonbrücke, für die allerdings Hunderte von Booten zum Anein-anderreihen benötigt wurden. Das Problem dabei war der enorme Zeitaufwand für die Bootseigentümer, die während des Baus nicht uneingeschränkt ihrem Broterwerb nachgehen konnten. Jeongjo beabsichtigte daher, innerhalb kurzer Zeit eine möglichst sichere und schöne Pontonbrücke zu bauen und gleichzeitig die Kosten zu minimieren. Basierend auf seinen Erfahrungen mit der Umbettung seines Vaters gab er für den Brückenbau Anweisungen in fünfzehn Kategorien einschließlich Breite des Flusses, Höhe der Boote und ihrer Verknüpfung und forderte eine systematische Herangehensweise und ein durchdachtes Konzept.

Nach langen und gründlichen Vorbereitungen wurde 1793 ein Buch mit dem Titel Jugyo Jeolmok (Anweisungen für den Bau einer Pontonbrücke) fertiggestellt. Dank dieser präzisen Instruktionen konnte im zweiten Monat des Jahres 1795 innerhalb von nur elf Tagen eine funktionale und schöne Pontonbrücke angelegt werden. An der Stelle dieser Pontonbrücke wurde 1917 die Hangang-Brücke, die erste moderne Fußgängerbrücke Koreas, eröffnet. Heute, rund hundert Jahre danach, führen 31 Brücken über den Han-Fluss.

Nachdem Jeongjo den Fluss mit so viel Stil überquert hatte, nahm er statt der alten Landroute über den Gebirgspass Namtaeryeong nach Gwacheon eine neue Route, die über Noryang weiter nach Siheung verlief. Die Entfernung war ungefähr gleich. Da sich der Reiterzug aber in fünf, manchmal sogar in elf Reihen bewegte, mussten die Straßen entsprechend breit sein. Es war daher einfacher, eine neue, über flaches Land führende Straße anzulegen, als die Pfade durch die Berge zu verbreitern. Wegen der vielen kleineren und größeren Wasserläufe entlang der Siheung-Route mussten allerdings viele Brücken angelegt werden.

König Jeongjos Entscheidung veränderte das Schicksal der beiden Routen grundlegend: Die Siheung-Route wurde weiter ausgebaut, bis sie zu einer der zehn Hauptverkehrsstraßen von Joseon wurde. Heute ist sie der Hauptabschnitt der Nationalstraße 1, die das Zentrum von Seoul mit den südlichen Regionen des Landes verbindet. Im Gegensatz dazu endeten die glorreichen Zeiten der Namtaeryeong-Route und schon bald erinnerten nur noch einige heruntergekommene Tavernen und Legenden an die alte Straße.

Zweck der Festung

Das Grabmal von Kronprinz Sado und Lady Hyegyeong ist geschmückt mit Steinen in Blütenknospenform und umgeben von Steinen in Form von Lotusknospen. Daran lässt sich König Jeongjos Wunsch ablesen, das Grab seines früh und unter tragischen Umständen verstorbenen Vaters wie das Grab eines Königs zu gestalten.

Der königliche Zug, der am Haupttor Donhwa-mun des Palastes Changdeok-gung aufbrach, machte in Siheung für eine Übernachtung Halt. Erst am Abend des nächsten Tages passierten alle Teilnehmer das nördliche Tor der Hwa-seong-Festung und erreichten die Bezirksverwaltung von Suwon. Der Bau der Festungsmauern hatte ein Jahr zuvor begonnen und die Arbeiten waren noch im Gange.

Jeongjo änderte den Namen von Suwon in „Hwaseong“ (Festung des Reichtums, der Langlebigkeit und Mehrung) und stufte sie zu einer höheren Verwaltungseinheit auf. Er richtete auch das 5.000 Mann starke Außenlager der königlichen Wache Jangyongyeong ein. Da Suwon bis heute ein wichtiger Halt auf der Strecke von Seoul in die südlichen Regionen ist, ließen sich seine Maßnahmen als Schritte zur Stärkung des Verteidigungssystems im Umkreis der königlichen Hauptstadt rechtfertigen.

Die Hwaseong-Festung war ein uneinnehmbares, mit den neuesten Technologien errichtetes Bollwerk. Entworfen wurde sie von dem Gelehrten Jeong Yak-yong (1762-1836), einem Vertreter der Silhak-Schule des Praktischen Wissens, von dem auch die Pläne für die Pontonbrücke stammen. Bei näherer Betrachtung der Planskizzen wird jedoch deutlich, dass der König mehr als nur eine militärische Bastion im Sinn hatte: Wasserläufe wurden durch die Stadt geleitet und ein neues, kreuzförmig angelegtes Straßennetz wurde gebaut, um den Austausch von Menschen und Gütern zu erleichtern, d.h., es handelte sich um eine Mehrzweck-Neustadt. Während seines viertägigen Aufenthalts besuchte Jeongjo das Grab seines Vaters, um diesem seinen Respekt zu erweisen, hielt eine staatliche Prüfung zur Auswahl von Regionalbeamten ab, verfolgte die Wehrübungen der Soldaten und richtete ein Bankett zu Ehren des 60. Geburtstags seiner Mutter sowie ein weiteres Fest für die älteren Menschen in der Region aus. In der neuen Festungsstadt testete und demonstrierte er alles, was er nach vielen Überlegungen geplant und umzusetzen versucht hatte. Es war ein Jahr her, dass er mit den Vorbereitungen für den königlichen Zug begonnen hatte, sechs Jahre, dass er seinen Vater umgebettet hatte, und 20 Jahre, dass er den Thron bestiegen hatte.

Die Hwaseong-Festung, deren 4,9 bis 6,2 m hohe Mauern sich über eine Gesamtlänge von 5,7 km erstrecken, wurde 1796 fertiggestellt, ein Jahr nach dem großen Zug des Königs zum Grab seines Vaters. Der Bau der gesamten Festungsanlage mit ihren vier imposanten Haupttoren, dem Westlichen Kommando-posten auf der höchsten Erhebung, dem Berg Paldal-san, dem Banghwasuryu-Pavillon und dem kleineren, zu jeder Jahreszeit reizend anzusehenden Hwahong-Tor sowie rund 40 Verteidigungsanlagen inklusive der drei „Gongsimdon“ genannten Warttürme, die eine nur in Hwaseong zu findende, aus Ziegeln und Steinen bestehende Struktur aufweisen, beanspruchte also nur zweiundhalb Jahre. Der neue, nur vorübergehend genutzte Sonderpalast in Hwaseong, den die Besucher heutzutage besichtigen können, wurde während der japanischen Kolonialzeit (1910-1945) beschädigt und später zu verschiedenen Zeiten als Krankenhaus, Polizeistation und Schule genutzt, bevor er schließlich 2003 originalgetreu restauriert wurde. Eine detailgenaue Restau-rierung war möglich, weil König Jeongjo den gesamten Bauprozess im Hwaseong Seongyeok Uigwe (Hofprotokoll über die Errichtung der Festung Hwaseong) hatte dokumentieren lassen.

König Jeongjos Modernität

Ich begann den Spuren von König Jeongjo anhand einiger einfacher Fragen zu folgen: Warum legte er die Hwaseong-Festung an? Was für eine Art von Reich wollte er aufbauen? Was ich entdeckte, war ein Regent, der basierend auf kindlicher Pietät und einer soliden Kenntnis des Neokonfuzianismus nach einer tugendhaften, transparenten Staatsverwaltung strebte. Es war die Geschichte eines Monarchen, der die Autorität des Throns stärkte und vom Volk für seine Wohltaten gepriesen wurde. Diese Einschätzung wird gestützt von Hongjae Jeonseo (Die gesammelten Werke von König Jeongjo) und weiteren von ihm hinterlassenen Schriften.

In der Zeit von König Jeongjo waren der Katholizismus und die neokonfuzianische Philisophie des Gelehrten Wang Yangming ebenso verbreitet wie westliche Naturwissenschaft und Technologie im Kontext der Silhak-Strömung des „praktischen Wissens“. Der Neokonfuzianismus galt nicht länger als fortschrittliche Schule oder Wertvorstellung. Für Jeongjo war das Zeitalter der Moderne voller Unsicherheit und Ungewissheit. Seine Modernität hatte aber gerade in dieser Unsicherheit und Ungewissheit ihren Usprung. Basierend auf dem Ideal der „Liebe zum Volk“ versuchte er einen Kompromiss mit dem Wandel der Zeiten einzugehen.

Bei seinen Umzügen suchte Jeongjo immer den direkten Kontakt mit den Leuten aus dem einfachen Volk, die nicht lesen und schreiben konnten, und hörte sich ihre Nöte an. Bei jeder dieser Gelegenheiten befasste er sich mit rund 85 Beschwerden. Die Bauarbeiter der Festung Hwaseong versorgte er im Winter mit warmer Kleidung und im Sommer mit Heilkräutern, die die schwüle Hitze ertragen halfen. Seine Berichte über die Bauarbeiten enthalten detaillierte Informationen zu jedem einzelnen Arbeiter: Name und Adresse, Anzahl der Arbeitstage und Gesamtlohn. Wenn Privathäuser abgerissen werden mussten, um Platz für neue Straßen und den Sonderpalast des Königs zu schaffen, gab es eine angemessene Entschädigung, in Zeiten schlechter Ernten wurden die Bauarbeiten eingestellt.

Obwohl er das Volk durch seine große Wohltaten und seine Betonung der neokonfuzianischen Werte bewegte, vermochte Jeongjo nicht, den Geist der modernen Zeit zu lesen, der die „Entdeckung des Individuums“ und Klassenkonflikte mit sich brachte. Immer wieder betonte er, dass er Hwaseong errichten ließ, um die königlichen Gräber und seinen Sonderpalast zu schützen. Auch diente die Steinbrücke Manan-gyo (Brücke der absoluten Sicherheit), die er auf der Siheung-Route hatte bauen lassen, entgegen der allgemeinen Erwartung hauptsächlich als Fußweg zum Grab seines Vaters und nicht als Brücke für das gemeine Volk.

Jeongjos Denken entsprach nicht einmal den Idealen des Gelehrten Shin Gyeong-jun (1712-1781), der im Vorwort seines 1770 erschienenen Buches Dorogo (Übersicht über Wege und Straßen) schrieb: „Da Straßen keine Herren haben, sind nur diejenigen, die sie benutzen, ihre Herren.“ Das ist auch der Grund, warum die Historiker sich immer besonders schwertun, wenn sie König Jeongjo dem „allgemeinen Volksempfinden“ entsprechend mit modernistischem Denken in Verbindung zu bringen versuchen.

Im Jahr 1800, nur vier Jahre nach der Fertigstellung von Hwaseong, verstarb Jeongjo und alles wurde wieder wie vor seiner Regentschaft. Jangyongyeong, die Garnison der königlichen Wache, wurde aufgelöst und Hwaseong verwandelte sich wieder in ein normales Landstädtchen. Die Leute bevorzugten den Namen „Suwon“ vor „Hwaseong“. Einhundert Jahre später wurde Suwon zu einer wichtigen Haltestelle auf der Eisenbahnlinie zwischen Seoul und Busan. Entlang der Straße zwischen dem am südlichen Stadtrand gelegenen Bahnhof und dem südlichen Stadttor Paldal-mun entstand eine neue Innenstadt. Zudem zog die Regierungsverwaltung der Provinz Gyeonggi-do nach Suwon, sodass die Stadt neues Interesse auf sich zog.

Diese geographischen Vorteile machten Suwon während des Koreakriegs (1950-1953) zu einem der blutigsten Schlachtfelder. Ein Großteil der Stadt und der Festung wurde durch Bomben und Feuer zerstört. Nach Kriegsende entwickelte sich Suwon jedoch zu einem Zentrum der Textilindustrie, einer der ersten Treiber des raschen Wirtschaftswachstums Koreas. Dank seiner geographischen Vorteile wurde die Stadt zum Produktionsstandort von Samsung Electronics, einem der großen P der globalen Halbleiterindustrie.

Als das UNESCO-Team Suwon im April 1997 besuchte, hielt Professor Nimal de Silva, der die Vor-Ort-Inspektion leitete, eine Fotokopie von Hofprotokoll über den Bau der Festung Hwaseong in der Hand. Er war bereits begeistert von der architektonischen Vielfalt der Verteidigungsanlagen und staunte über die umfangreichen und detaillierten Aufzeichnungen.

Das Protokoll spielte eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung, der Festung Hwaseong, die im Laufe von nur zwei Jahrhunderten wiederholt beschädigt und restauriert worden war, Welterbestatus zu verleihen. Die Reaktion des UNESCO-Teams auf das Protokoll unterscheidet sich nicht von der Art und Weise, wie die Koreaner von heute gerne über König Jeongjo denken. Denn die von ihm hinterlassenen Aufzeichnungen dienen immer noch als herausragende Ansätze zum Nachdenken über die Bedeutung von Monarchie und Republik, von Vormoderne und Moderne, von Individuum und Staat.

Der Pavillon Banghwasuryu, der zu den schönsten Baustrukturen der Festung zählt, liegt inmitten einer zu jeder Jahreszeit reizvollen Landschaft. Banghwasuryu, wörtlich „Pavillon zum Blumen schauen und unter den Weiden spielen“, ist eine wunderbarer, aus Holz und Stein gefertigter Bau, der sowohl als militärischer Aussichtsturm als auch zum Genießen der herrlichen Landschaft diente. © Topic

 
Lee Chang-guyDichter und Literaturkritiker
Ahn Hong-beomFotos

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