Es wird gesagt: Wenn du in einer fremden Stadt etwas gutes Essen willst, frag einen Taxifahrer. Schließlich kommt keiner in der Gegend so rum wie sie und kennt so viele Restaurants mit einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis. Das „Fahrer-Restaurant am Kakibaum (
Gamnamujip Gisa-Sikdang)“ in Yeonnam-dong im Bezirk Mapo-gu, Seoul, ist eines dieser Restaurants, das tags und nachts von Berufsfahrern besucht wird.
Jang Yun-su, die Besitzerin des Fahrer-Restaurants Gamnamujip, ist dabei, den Gästen frisch zubereitete Gerichte zu servieren.
Ein Fahrer-Restaurant in Korea ist, wie die Bezeichnung wortwörtlich meint, ein Restaurant für Berufsfahrer, insbesondere für Taxifahrer. Voraussetzungen sind: Es müssen zu allererst genügend Parkplätze für die Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Das Menü sollte zwar eine möglichst große Vielfalt bieten, doch das Zubereiten und Servieren muss schnell gehen. Zudem sollte es mit Hinblick auf die Arbeitszeiten der Kunden auch in der Nacht geöffnet haben. Und zu guter Letzt muss sowohl der Preis als auch die Größe der Portionen sowie der Geschmack stimmen.
Rund um die Uhr, rund ums Jahr geöffnet
Jeder Tag der Eigentümerin des Fahrer-Restaurants Gamnamujip beginnt anders.
„Meine Arbeitszeit ist nicht fest. Manchmal fange ich schon sehr früh morgens an, es kann aber auch später werden, wenn ich zum Markt muss. Auch in den kurzen Pausen, in denen ich zu Hause bin, beobachte ich oft das Restaurant per Kamera. Und wenn ich sehe, dass sehr viele Gäste da sind, lege ich alles beiseite und mache mich sofort auf zum Restaurant.“
Ein koreanisches Fahrer-Restaurant (Gisa-Sikdang) für Toki fahrer muss bestimmte Bedingungen erfüllen, darunter bequemes Parken, großzügige Portionen und schnelle Tischwechsel für kürzere Wartezeiten.
Wohnhaus, Parkplatz und Restaurant liegen bei ihr direkt nebeneinander. Dieser Umstand macht es schwer, Arbeit und Ruhepause zu trennen, aber für sie ist dies eher ein Vor- als ein Nachteil.
„Ein Restaurant-Betreiber muss nah am Restaurant wohnen. So kann er auf Abruf gleich hinlaufen. Er ist sozusagen rund um die Uhr einsatzbereit.“
Ihr Restaurant, das 70 Gäste gleichzeitig bedienen kann, wird in der Mittagszeit im Nu voll. Das Restaurant, das 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag im Betrieb ist, wurde vor 25 Jahren eröffnet.
„Ich hatte anderswo schon mal ein gehobeneres koreanisches Restaurant oder eins mit Schwerpunkt auf Rippenfleischgerichte betrieben, hatte aber keinen Erfolg. Mit leeren Händen war ich in dieses Haus zurückgekehrt, denn es ist unser Haus. Ich habe dann anschließend ein Hambajip, d. h. ein Restaurant extra für die Arbeiter einer Baustelle aufgemacht. Der Arbeitszeit der Bauarbeiter entsprechend öffneten wir auch sehr früh morgens und da haben sich dann allmählich auch die Taxifahrer, die vorbeifuhren, hinzugesellt. Sie wollten das Restaurant auch in späten Tageszeiten besuchen können. So hielten wir es rund um die Uhr offen.“
In diesem Restaurant war zu jeder Zeit eine warme Mahlzeit mit gutem Geschmack und niedrigem Preis zu haben. Jeden Tag wurden Suppen und andere Beilagen zum Reis angeboten. Das hat sich einfach so rumgesprochen, ohne dass man dafür etwas getan hätte.
„In unserer Nähe gab es auch viele andere Fahrer-Restaurants, die verkauften aber nur eine einfache Speise wie Sundaeguk (Reis mit koreanischer Blutwurstsuppe) oder Seolleongtang (Reis mit dicker Rindfleischsuppe). Wir aber boten Reis mit verschiedenen Beilagen an, wie man zu Hause isst. Die Fahrer von damals waren meistens wirtschaftlich nicht gut bestellt, und oft arbeiteten beide Ehepartner. Da sie bei der Arbeit lange unterwegs waren, fehlten ihnen gute Mahlzeiten. In den meisten Restaurants war das Essen jedoch nicht gerade billig. Bei uns konnten sie schlichte Suppen und Beilagen wie Seetangsuppe, Sojapasteeintopf oder Sojabohnensuppe nach Herzenslust genießen.
So wie man zu Hause isst
Jang Yun-su, die Besitzerin des Fahrer-Restaurants Gamnamujip kommt aus der Provinz Chungcheong-do. Als das siebte von acht Kindern geboren, wuchs sie in einer Großfamilie auf. Da ihre Eltern große Acker bestellten, war das Haus immer voll von Familienmitgliedern und Arbeitern. Ihre Großmutter und Mutter, die gute Köchinnen waren, arbeiteten den ganzen Tag in der Küche, kochten Reis, machten Kimchi und bereiteten Beilagen wie Namul-Gemüse zu.
„Es hat mir so viel Spaß gemacht zuzuschauen, wie sie die Zutaten sauber machten, schnitten und mischten. Wenn meine Freundinnen zu uns kamen, haben wir Chinakohl vom Acker geholt, Gurken geschnitten und gewürzt, und dann geurteilt, das sei zu salzig, das sei zu fade, da soll dies oder jenes noch rein. Das war ein lustiges Spiel. Wir haben Brühe gemacht, Mehlteig geknetet und Kalguksu-Nudelsuppe gemacht. Wenn die Erwachsenen das aßen und für gut befanden, waren wir über die Maße froh. Wenn meine Mutter sich ärgerte, ich solle fleißiger für die Schule lernen, floh ich nur vor ihr hierhin und dorthin. Wie konnte ich mich auf die Schularbeit konzentrieren, wenn mir etwas anderes Spaß machte? Ich sagte mir, ich werde in meinem Leben kochen und damit die Leute bedienen, das wird mir Spaß machen.“
Sie serviert ihren Gästen die Speisen, die bei ihr zu Hause gemacht und gegessen worden waren. Die Sojapaste, die Basiszutat für viele koreanische Gerichte, macht sie trotz viel Aufwand selbst mit den in der Provinz Gangwon-do angebauten Sojabohnen.
Zwei der beliebtesten Gerichte auf der Speisekarte von Gamnamujip sind Dwaeji Bulbaek, marinierte, gebratene Schweinefleischscheiben, die mit Reis und einer Vielzahl von Beilagen serviert werden, und Ojingeo Bokkeum, würziger gebratener Tintenfisch.
„Ich habe mir sehr viel Gedanken gemacht, mit welchen Speisen ich die Fahrer zügig bewirten könnte, welche Speisen ihnen schmecken und sie sättigen würden. Meine Schlussfolgerung war Dwaeji Bulbaek (Reis mit marinierten, gebratenen Schweinefleischscheiben).“
Dwaeji Bulbaek ist der Best- und Steadyseller ihres Restaurants. Die Gäste können das Schweinefleisch reichlich mit Blattsalat und Chinakohl eingewickelt essen. Dazu gibt es drei, vier Beilagen, gebratenes Ei und dünne Nudeln in Brühe. Die Gäste können sich wirklich satt essen, denn es gibt in einer Ecke einen großen Reistopf, von dem man sich so viel Reis holen kann, wie man will. Auch Suppen und alle Beilagen außer dem Schweinefleischgericht können kostenlos nachgefüllt werden. Nach dem Essen kann man mit Kaffee aus dem Automaten und kleinen Hartkeksen die Mahlzeit abrunden, ebenfalls kostenlos. Zum Jahresende gibt es extra für Taxis hergestellte Kalender als Geschenk.
Ein Restaurant wie Daheim, Gäste wie Familienmitglieder
Während früher die Taxifahrer den größten Teil der Kundschaft des Restaurants Gamnamujip ausmachten, überwiegt heute der Teil der Nicht-Berufsfahrer. Junge Leute und auch Familien mit Kindern kommen oft, denn sie können hier eine Mahlzeit mit Reis und mit Beilagen wie zu Hause bekommen, wofür es immer weniger Restaurants gibt. Auch ausländische Touristen erleben gern hier die koreanische Hausmannskost.
Ein Tag von Frau Jang Yun-su ist aufgeteilt in Zeiten mit vielen und mit wenigen Gästen. Jeden Morgen sehr früh macht sie ihren Einkauf, bevor sie zum Restaurant kommt. Morgens und vormittags, wo viele Gäste kommen, setzt sie ihre eigene Mahlzeit einfach aus und nimmt das Mittagessen erst etwa um 14 Uhr, wenn die Kunden weniger werden. Zwischen 15 und 19 Uhr ruht sie nach Möglichkeit aus. Sie nimmt ihr Handy kurz in die Hand und holt dann das Schlafen nach.
Abende am Wochenende sind am stärksten ausgelastet. Die Gäste strömen bis Mitternacht pausenlos herein. Sie bewegt sich ständig zwischen der Küche und dem Speisesaal hin und her, um selbst nicht ausgesprochene Wünsche der Gäste herauszufinden. Sie checkt, was gern gegessen wird und was nicht gegessen zurückbleibt, um zu entscheiden, welche Beilagen mehr und welche weniger gemacht werden sollen.
Das Restaurant, das einst vor allem von Taxifahrern besucht wurde, zieht heute ein breiteres Publikum an: von Kunden, die sich nach hausgemachtem Essen sehnen, bis hin zu Touristen aus dem Ausland, die authentische koreanische Hausmannskost probieren wollen. So ist das Geschäft rund um die Uhr am Laufen.
An Wochentagen verlässt sie das Restaurant etwa um 1 Uhr nachts, am Wochenende aber kann sie erst um 3, 4 Uhr in der Frühe Feierabend machen. Sie kauft zusammen mit ihrem Ehemann ein, und in den Stunden mit den meisten Gästen kümmert sie sich auch um den Parkplatz. Ihr Sohn, der wie seine Mutter Kochen liebt, ist für sie ein verlässlicher Partner. Die über zwanzig Beschäftigten, die in zwei oder drei Schichten am Tag arbeiten, sind meistens schon seit länger als zehn Jahren da. Sie gehören alle zur „Familie“, wohnen in einem Haus und nehmen die Mahlzeiten zusammen ein. Auch die Gäste, die wie zu Hause essen, gehören zur Familie.
Das Menü, das anfänglich aus drei Speisen, Schweinefleischgericht Dwaeji Bulbaek, Weichtofu-Eintopf Sundubu Jjigae und gegrilltem Fisch, bestand, enthält mittlerweile zehn. Diese Vielfalt ist das Resultat der beständigen Bemühung, den Wünschen der Fahrer, die gern abwechslungsreich essen möchten, nachzukommen.
„Ich bereue es nicht. Auch heute empfinde ich großes Glück, wenn ich koche und die Leute meine Gerichte essen sehe. Die Gäste sind für mich nicht anders als Familienmitglieder. Sie zu bedienen macht mir so viel Freude, dass ich mich dabei kaum müde fühle.“
„Ein Dwaeji Bulbaek, bitte“, ruft ein hereinkommender Gast und auf das Gesicht von Frau Jang Yun-su legt sich ein strahlendes Lächeln.